Nach einem alten bei Friedrich Gutknecht in Nürnberg ohne Jahr erschienen Druck unter dem Titel „Ein geistlich Lied von den siben Worten, die der Herr an dem Creutze sprach. Ein ander Lied von einem Apffel und von dem leiden Christi. In dem roten Zwinger thon“
Da Jesus an dem Kreuze stund 1)
Und ihm sein Leichnam was verwund’t
So gar mit großem Schmerzebn,
Die sieben Wort, die der Herre sprach,
Betracht‘ in deinem Herzen.
Zum Ersten sprach er gar süßiglich
Zu seinem Vater vom Himmelreich
Mit Kräften und mit Sinnen:
Vergieb ihn’n, Vater! sie wissen nicht,
Was sie an mir verbringen.
Zum Andern gedenk seiner Barmherzigkeit,
Die Gott an den Schächer hat geleit,2)
Sprach Gott gar gnädigleiche:
Fürwahr, du wirst heut‘ bey mir seyn
In meines Vaters Reiche.
Zum Dritten gedenk seiner großen Noth,
Laß dir die Wort‘ nicht seyn ein’n Spott:
Weib, schau dein’n Sohn gar eben!
Johannes, nimm deiner Mutter wahr,
Du sollt ihr’r gar eben pflegen.
Nun merket, was das viert‘ Wort was:
Mich dürst’t so hart ohn Unterlaß,
Schrey Gott mit lauter Stimme.
Das menschleich‘ Heil thät‘ er begehr’n;
Seiner Nagel ward er empfinden.
Zum Fünften gedenk seiner Barmherzigkeit,
Die Gott am heiligen Kreuz ausschrey:
Mein Gott, wie hast du mich verlassen!
Das Elend, das ich leiden muß,
Das ist ganz über die Maßen.
Das sechst‘ was gar ein kräftigs Wort,
Das mancher Sünder auch erhört
Aus seinem göttlichen Munde:
Es ist vollgracht mein Leiden groß
Wol hie zu dieser Stunde.
Zum Siebenten befehl ich mich, Vater, in deine Händ‘!
Den heiligen Geist du zu mir send‘
An meinen letzten Zeiten,
Wenn sich mein‘ Seel‘ von mir will scheiden,
Und mag nicht länger beiten.3)
Wer Gottes Marter in Ehren hat
Und oft gedenkt der sieben Wrot,
Des will Gott eben pflegen
Wol hie auf Erd‘ mit seiner Gnad‘,
Und dort im ewigen Leben.
—-
1) In dem Original steht: hieng
2) gelegt, erzeigt
3) warten, bleiben
Rambach – Anthologie christlicher Gesänge aus der neueren Zeit