Pfeil, Christian Karl Ludwig von – Lamm Gottes, wohin eilest du (Die Karwoche)

Palm-Sonntag
1.) Lamm Gottes, wohin eilest du
Mit so gewalt’gen Schritten?
Dein Herze hat nicht eher Ruh‘,
Bis du den Tod gelitten!
Du eilst zu deiner Grabesstätt‘:
O, dass ich köstlichs Wasser hätt‘
Dich einzubalsamieren!
O Jesu, nimm mit meinem Trieb
Und einem Tränenguss vorlieb,
Er fließt aus inn’rem Rühren.

Montag
2.) O Tochter Zion, siehe da!
Der König aller Ehren
Ist seiner Stadt und Tempel nah,
Darinnen einzukehren:
Räum ihm dein Herz zur Wohnung ein,
So zieht er heut‘ darinnen ein,
Auf und eil‘ ihm entgegen!
Ruf ihm das Hosianna zu:
Komm, o mein Helfer, komme du,
Du kommst mit Heil und Segen!

3.) Der König ist der wahre Gott,
Das zeugen seine Worte.
Und Tod und Hölle wird zu Spott
Vor seiner Lebensstärke.
Ihr Himmel, jauchzt und freuet euch,
Er kommt, die Erde sich zum Reich
Des Friedens zu bereiten.
Sieh, wie ihm alle Welt nachläuft,
Wie er die Zahl noch immer häuft
Von ihm ergebnen Leuten!

4.) O, möcht‘ ich diesen Jesum sehn!
Er wird mich zu sich nehmen,
Denn sein Erhöhn ist schon geschehn,
Drum will ich mich nicht schämen,
Frei zu bekennen jedermann,
Dass ich zu dieses Jesu Fahn‘
Mich ewiglich verpflichtet.
Wer glaubet, kommt nicht in’s Gericht,
Glaubt aber jemand Christo nicht,
So ist er schon gerichtet.

Dienstag
5.) Herr, gib uns zu der Buße Raum
Und Frist noch auf der Erden,
Dass wir wie jener Feigenbaum
Nicht auch verfluchet werden,
An welchem dorten deine Hand
Nicht Frucht für deinen Hunger fand.
Gib, dass wir deinen Willen
Und deine herzliche Begier,
Herr Jesu, teurer Heiland, dir
Den Seelenhunger stillen!

6.) Wie du den Tempel Gottes dort
Gesäubert von dem Bösen,
So rein’ge selbst auch fort und fort
Das ganz verdorbne Wesen
In unsrem innern Seelengrund,
Richt‘ auf darinnen deinen Bund
Und gib uns dein Verlangen,
Wenn gleich von dir die große Welt,
Der angesehne Hauf‘ abfällt,
Dir treulich anzuhangen.

Mittwoch
7.) Eröffne meines Herzens Schrein,
Die Lehren aufzufassen,
Die du vor deiner Kreuzespein
Uns noch zurückgelassen!
Gib, dass ich auf das Ende seh,
Und, wie ich einst vor dir besteh
An deinem Großen Tage.
Hilf, dass ich dir von Herzen treu,
Daneben klug und wachsam sei,
Und meinem Fleisch absage.

Grün-Donnerstag
8.) O, auserwähltes Osterlamm,
Am Kreuzesstamm geschlachtet,
Entglüht in heller Liebesflamm‘,
Von aller Welt verachtet!
Heut war es, da du uns zu gut
Im Abendmahl dein Fleisch und Blut
Zu Speis‘ und Trank gegeben:
Wir essen deines Todes Kraft
Und trinken deines Lebens Saft
Zum ewiglichen Leben.

Karfreitag
9.) Nach einer schweren Leidensnacht
Und viel‘ erlittnen Schmerzen,
Ruft er am Kreuz: Es ist vollbracht!
Und stirbt mit frohem Herzen.
Vollbracht war nun, was Gottes Rat
Von ihm zuvor bezeuget hat,
Vollbracht das Welterlösen.
O Jesu, hilf durch deinen Tod
Uns vollends auch aus aller Not,
Von allem, allem Bösen!

Karsamstag
10.) Heut ist der rechte Ruhetag:
Mein Jesus ruht im Grabe,
Er ruhet aus von seiner Plag‘,
Dass ich auch Ruhe habe.
Ich bin begraben in der Tauf‘
Mit ihm, und steh auch mit ihm auf
zum Leben ohne Ende.
Herr Jesu Christe, ich befehl‘
Dir ewig meinen Leib und Seel‘
In deine Gnadenhände.

Klepper, Jochen – Heut bin ich meines Heilands Gast

1. Heut bin ich meines Heilands Gast
zu Brot und Wein und Osterlamm.
Im Garten draußen bricht ein Ast.
Fällt einer schon des Kreuzes Stamm?
Kyrie eleison!

2. Der Heiland ist mein Knecht und Wirt,
dient mir und seiner Jünger Schar.
Der aller Himmel Herr sein wird,
macht sich der Gotteshoheit bar.
Kyrie eleison!

3. Er salbt und badet uns den Fuß,
reicht uns den Kelch und bricht den Laib
und harrt schon auf den Judaskuß,
damit ich ohne Strafe bleib‘.
Kyrie eleison!

4. Mit Pilgerhut und Wanderstab
hält er, der Hirt‘, das Passahmahl.
Und als er aufbricht, ist’s zum Grab,
zu Kreuzesmarter, Spott und Qual.
Kyrie eleison!

5. Im Garten von Gethsemane
ist schon der Baum fürs Kreuz gefällt.
Daß noch der Kelch vorübergeh‘,
fleht dort der Retter aller Welt.
Kyrie eleison!

6. Den Kelch der bittren Todespein
zu trinken, macht er sich bereit.
Des zu gedenken, setzt er ein
das Abendmahl für alle Zeit.
Kyrie eleison!

7. Die Stunde des Verrats ist da.
Für Waffen ist nunmehr kein Ort.
Er bleibt den Seinen nur noch nah
in Kelch und Brot und seinem Wort.
Kyrie eleison!

8. Der Kelch ist nun mein Eigentum
und Brot und Wein mein reichstes Teil.
Den Kelch ergreift zu seinem Ruhm,
verkündiget der Sünder Heil!
Kyrie eleison!

9. Verkündiget den Namen sein,
sooft ihr dessen nun gedenkt,
bis er nach Geißlung, Fluch und Pein
uns seine Siegesfahne schenkt.
Kyrie eleison!

10. Er kommt, er kommt, des sei gewiß,
zu seiner Jünger Freudenmahl.
Am Ende aller Finsternis
grünt ewig auch des Kreuzes Pfahl!
Hosianna!

Speratus, Paul – Eyn Liedt von der Geschicht Christi letztem Nachtmal, Füßwaschen, Gefengkniß, Prophecey und Figur

Im Thon: Rex Christe factor omnium

1. Da Christus zu Jerusalem
uff Ostern, wy das gsetz befalh
das lebleyn mit seyn Jüngern aß,
erfült er das figürlich mal.

2. An diser malczeyt hat er uns
dy allergrösten lieb beweyst,
da er mit seynem fleysch und blut
seyn Jüngern selbert drenckt und speyst.

3. Solch Sacrament er eyngesetzt,
und dargereycht yn brot und weyn,
seyns ewing neuen Testaments,
das wir dobey gedencken seyn.

4. Bey dysem allen hat er uns
den allergrösten trost verkundt,
das solch seyn blut vergossen wurd
czu der vergebung viler sund.

5. Der höchst die füß wusch seyner knecht,
damit er zeygt tiff demuth an,
dergleych uns heyst eynander dyen,
wy er, der herr, selbst hat gethan.

6. Da Judas nun vom nachtmal gyng,
lert Christus glauben lieb und frid,
und das sich frewen würd die welt,
dagegen leyden all seyn glyd.

7. Verhyß yhn sendung seynes geyst,
der yhn geb alle notturft eyn,
damyt sy solten seyner ler
bis zu der welt end czeugen seyn.

8. Fürtt czum gebeth an Oelberg gyng,
blutfarben schweyß vor angst verrert,
on den keyn bitt der vatter hört,
der wirt von ym ytzt nit gewherdt.

9. Seynn feynden er entgegen gyng,
duld Judas kuß und falsche dück,
auß seynen worten macht erschyn,
das sy alsbald fielen czurück.

10. Der uns all auß gefengknis löst,
gefangen ward auff ostern czeyt,
als er davor das Jüdisch volck
von Pharaonis dynst gefreyt.

13. Wann Abraham uns nit erkant,
und Israhel uns nit gewist,
alleyn yn Christus blut und frid
das ewig band gelöset ist.

14. Er hyeß Sant Peter stecken eyn,
seyn schwert; damit uns gibt verstandt,
das eyn Christ nit fecht widers Creutz,
welchs yhm von got würd zugesand.

15. Wiewol dy Jüngern sich vertröst,
mit Christo gehn biß yn den todt,
seyn sy doch all in dyser nacht
von ym geflohen yn der not.

16. Herr durch deyn angst und bluting sweyß,
gefengkniß und der yüngern flucht
gib uns, dy von dir weychen offt,
czu dir keren mit glaubens frucht.

Cosack – Paul Speratus