(Handschrift.)
Denkst Du nicht, Maria, mehr an die ausgestand’nen Schmerzen,
Als der zarte Menschensohn in dir die Gestalt gewann:
O, wie sollt ich nicht vielmehr mich nun freu’n im tiefsten Herzen,
Da Er nur zusehends wächset als mein König, Gott und Mann?
Da Johannes nicht vor Freud‘ einst im Mutterleib gesprungen?
Begrüßte er nicht seinen Heiland, eh bevor er kam an’s Licht?
Hat mir nicht des Geistes Mund auch von Seinem Fest gesungen?
Hat Er mir nicht hold inwendig dieses Kind gezeiget schon?
Ja, Er wohnet auch in mir! Nun hab‘ ich dies Lamm vor Augen!
Schaue, wie es mir zur Wonne treibt so manches süße Spiel!
Ist dies nicht mein sel’ger Freund, dem ich soll zur Wohnung taugen?
Lieb‘ und grüß‘ ich diesen König je im Seelengrund zu viel?
Ja, Er ist und was ich will, kann ich in dem Einen finden!
Kind und Mann und Siegesfürste heißt und ist Er in der Tat.
Seine Gottesliebe kann Ihn so nahe mir verbinden,
Dass die Seel‘ Ihn voller Unschuld lieber als sich selber hat!
Nun, so schäm‘ ich mich auch nicht, tief, wie Du, herabzusteigen
Aus den Höhen aller Hoffart! Ich will sein ein armes Kind,
Kindlich lieben, kindlich seh’n, kindlich spielen, kindlich schweigen,
Kindlich bitten, bis ich immer Dich in meiner Seele find‘!
Hülle Du mich in Dich ein! leg‘ mich in die Friedenswiege!
Singe vor der armen Seele, was Du von dem Vater weißt!
Nähre mich mit Mannakost! gib mir himmlische Genüge
Aus der lautern Lebensquelle, die Dein Wort des Friedens heißt!
Bin ich matt, so stärke mich; lass mich nach der Liebe schreien,
Und wenn’s außen, innen stürmet, decke mich mit Deiner Ruh‘!
Wehr in mir der Feinde Macht! Lass mir Deine Milch gedeihen!
Und wenn Du mich willst entwöhnen, leg mir starke Speise zu!
Dann will ich auch als ein Mann streiten, und gewachsen werden
Allen Feinden Deines Reiches, und einst bei den Ält’sten steh’n,
Die vor Deinem Throne sind, und erkaufet von der Erden,
Und kein Flug der Ewigkeiten soll mir Deinen Preis verweh’n!