Gottfried Arnold – Glückseligkeit des Christen.

Wo ist wohl ein süßer Leben
Auf der ganzen weiten Welt,
Als in Gottes Liebe schweben,
Die uns stets gefangen hält;
Wenn ein rein Gemüte
Bloß auf Jesu Güte
Alles Tun und lassen gründ’t,
Und Ihn selbst in Allem find’t?

Unglaub und Vernunft mag sorgen,
Eigenwille quäle sich;
Was nicht will dem Geist gehorchen,
Muss sich schleppen jämmerlich
Mit viel tausend Lasten;
Aber ich will rasten
In dem sichern Liebesschoß,
Der mich macht vom Kummer los.

O wie ist dem Geist geraten,
Der, als Kindlein umgekehrt,
Alles hält für Kot und Schaden,
Was nicht Jesum selbsten ehrt!
Er darf nicht mehr klagen
Über so viel Plagen;
Er verbringt die Lebenszeit
In gewisser Fröhlichkeit.

Keine Unruh‘, keine Schmerzen
Macht ihm mehr der Heuchelschein;
Was nicht geht aus reinem Herzen,
Muss bei ihm begraben sein.
Er will nicht mehr scheinen,
Noch es fälschlich meinen;
Das selbstständige Wesen schafft
Neues Leben, neue Kraft.

Sein Bewegen und sein Gehen
Geht hinfort in sanfter Ruh‘,
Und was göttlich soll geschehen,
Geht nicht mit Verwirrung zu.
Selbst sein süßes Schlafen
Muss sein Heiland schaffen,
Und sein Wachen muss allein
Täglich in der Liebe sein.

Hört man ihn gleich fröhlich singen,
Bleibt er doch in süßer Still‘,
Weil sein Wollen und Vollbringen
Gott geheim vollenden will.
Darum wird sein Wesen,
Das in Gott genesen,
Von der Welt, die lustentbrannt,
Oft geschmähet und verkannt.

Will’s die Eigenheit gelüsten,
Fremde Kraft vermessen sein,
Und darin sich spiegelnd brüsten:
Hüllt die keusche Sonn‘ sich ein;
Sie will mit den Strahlen
Keinen Kot bemahlen;
Also bleibt ihr Schatz bewährt
Und von Feinden unversehrt.

O verborgnes Liebesleben!
Lass den sanften Liebesgeist
Mir den Gottesfrieden geben,
Der dein ew’ger Sabbat heißt!
Ach, mit welcher Wonne
Krönt uns diese Sonne,
Wenn sie ihre Macht erhöht
Und im Herzen brennend steht!

Süße Kräfte, reine Flammen,
Nehmt mein ganzes Leben ein,
Haltet mich mit Dem zusammen,
Der mir ewig g’nug will sein!
Liebe soll Ihn binden,
Alles überwinden,
Dass sein heitrer Lebenstag
Ewig in mir bleiben mag.

Halt‘ ich Dich gleich noch so feste,
Willst Du doch noch näher sein,
Und vom Guten selbst das Beste
Mir als Wesen drücken ein;
wie soll mein Leben
Stets Dir sein ergeben!
Ich in Dir und Du in mir,
Ja, Du Alles für und für!