Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Jesus in Gethsemane.

So willst Du getrost erwarten,
Was du übernehmen musst!
Also leidest Du im Garten,
HErr, für Adams Gartenlust.
Bebst Du nicht vor diesem Orte?
Drückt Dich nicht der Sünder Schuld
Tödlich nach dem Richterworte?
Nein, Du leidest mit Geduld!

Nein, Du willst der Menschen Schulden,
Unser unermess’nes Leid
Nach des Zorns Gesetz erdulden,
Sohn und Herr der Ewigkeit!
Wir, die schnödesten Geschöpfe,
Rühmten uns der eig’nen Schand‘,
Und der schwächste aller Töpfe
Brach dem Töpfer in der Hand.

Darum kann es nicht geschehen,
Daß der Kelch vorübergeh‘;
Gottes Urteil muss ergehen,
Und das bringt Dir solches Weh.
Aber Du willst gern ertragen,
Was Dein Gott Dich tragen heißt,
Wenn Dein Geist sich gleich vor Zagen
Fast dem müden Leib entreißt.

Lass mich Gottes Zorn erkennen,
Teures Heil, in Deiner Not!
Denn sie war der Hölle Brennen
Und ein Sturm vom andern Tod.
Lass mich aller Sünd‘ entsagen,
Die Dich in den Tod gedrückt!
Lass mich an mir selbst verzagen,
Bis mich Deine Lieb‘ erquickt!

Gibst du mir dereinst zu schmecken
Deines Leidens Bitterkeit,
Mich vom Bösen abzuschrecken,
Ach, so mache mich bereit!
Kann es anders nicht geschehen,
Daß ich komm in’s Vaters Reich,
Ohne gramgebückt zu gehen,
Ach, so stütze mich zugleich!

Ich will gerne stille halten,
Weil ich weiß, daß Du mich liebst,
Und die Gnade lässest walten,
Wenn Du mir das Leiden gibst.
Lernt man erst die Sünde scheuen,
Wenn sie gallenbitter wird,
So kann mich die Reu‘ nicht reuen,
Die mich göttlich neu gebiert.

Mich ermuntert, Herr, Dein Zagen:
Du hast nie umsonst geweint,
Sondern alle Feind‘ erschlagen,
Auch mein Fleisch, den liebsten Feind.
Lass mein Fleisch in Dir verderben,
Lass die Welt vergeh’n in Dir;
Lass in mir die Sünde sterben,
Und Dein Reich erwach‘ in mir!