Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Das Wort von Anfang.

Hört! ich will euch nicht verschweigen
Tiefen, so die Höhen zeugen,
Und die Wesen übersteigen,
Einen, welcher Alles ist!

Paulus drang durch’s Sterngebäude
Und die Himmel alle beide,
Und im dritten Saal der Freude
Hört er Unaussprechliches.

Er erblickte Seltenheiten,
Aufgedeckte Heimlichkeiten,
Die Verfassung aller Zeiten,
Und die Ordnung unsers Heils.

Alles sah er dort im Einen,
Große Dinge mit den kleinen;
Alles muss durch Ihn erscheinen,
Alles ist durch Ihn gesetzt.

Was für Pracht hat Christus immer!
Was für majestät’schen Schimmer,
Hingezückt vor’s Königszimmer,
Hat’s Johannes angeschaut! (Offb. Joh. 1, 10 ff.)

Niemand zwar ermisst die Gottheit,
Und die ungeteilte Einheit,
Und die unvermischte Dreiheit;
Doch die Salbung lehret viel.

Leer‘ dich aus! Er wird dich füllen;
Setze dich! Er wird dich stillen;
Schweig‘, so sagt er Seinen Willen;
Wisse Nichts, so lernst du Ihn!

Lass das Tier am Berge stehen;
Zeuch die Schuhe von den Zehen,
Und durchfleug im Geist die Höhen,
Und die Tal‘ der Ewigkeit!

Auf den unterstieg’nen Spitzen
Sieh den Erstgebornen sitzen,
Aus dem alle Wesen blitzen!
Denn Er ist das A und O.

Ihn muss man im Vater grüßen,
Und aus Ihm den Vater schließen,
Und der Geist von Beiden fließen
Als ein hellkristall’ner Strom.

Alles muss auf Ihn sich gründen,
Alles muss Ihn wiederfinden,
In Ihm werden und verschwinden,
Der der Wiederbringer ist.

Alles muss in Ihm sich fassen,
Und Ihn mit sich machen lassen,
Und in Ihm zusammen passen
Zu dem allgemeinen Bau.

Er vermehrt sich nach Gefallen,
Ändert sich nicht in dem Allen;
So viel Sachen aus Ihm wallen,
Bleibt er doch Derselbige.

Er, der Gott-Mensch, ist der Eine,
Ob er auch verschieden scheine,
Und mit Vielem sich vereine;
Er ist sich beständig gleich.

Eins, das sonst gering und kleine,
Und an sich der Zahlen keine,
Ist die größt, und bleibt das Eine,
Wenn es Millionen macht.

Gott, das Wort, hat’s so gehalten;
Er muss aller Dinge walten,
Dringt durch allerlei Gestalten;
Alle Art rührt her von Ihm.

Dieses All kennt keine Zeile,
Ob es schon durch’s Ganze eile,
Und durchwandre alle Teile.
Alles lebet auf in Ihm.

Er lässt alle Ordnung stellen,
Alles Gute von sich schwellen;
Seine unerschaff’nen Quellen
Untermengen Tief‘ und Höh‘.

Wenn auch bloß die Engelchöre
Und kein Mensch gefallen wäre,
Wäre Gott und unsrem Heere
Allemal ein Mittler not.

Zu der reinen Gottheit Stätte
Naht kein menschliches Geräte,
Bis der Eine zwischentrete:
Gottes Sohn von Ewigkeit.

Alle sel’ge Himmelshorden
Und der ganze Menschenorden
Sind in Christo Eins geworden,
Welcher heut‘ und gestern ist.

Dieser ist das Haupt von Allen,
Was nur kann in’s Auge fallen,
Und der unsichtbaren Hallen,
Und so weit der Weltkreis geht.

Was der Sohn Geheimes übe,
Der da sitzt im Schoß der Liebe,
Seine allertiefsten Triebe
Siehet nur ein reines Herz.

Süßer Heiland, zeuch mich höher,
Deinem Herzen immer näher,
So gelang‘ ich desto eher
In des Vaters Herz hinein!

Gib mir meine ersten Blicke,
Daß Dein Bild mich wieder schmücke;
So erhalt‘ ich mein Geschicke,
Und Du, Gottmensch, Deinen Zweck!

Dahin eilet unsre Liebe,
Dahin dringen meine Triebe,
Daß ich gerne Eins verbliebe
Mit Dir, teurer Bräutigam!

Du vollführst, was angefangen,
Suchst die Seelen mit Verlangen.
Wenn der Teufel untergangen,
Bleiben Deine Engel noch!

Satans Werk, das muss zu Grunde
Und heraus vom Schöpfungsbunde;
Es ging nicht aus Deinem Munde,
Aber Du zerstörest es.

Was würd‘ das für ein Gesänge,
Wenn mit göttlichem Gepränge
Die mit Blut erkaufte Menge
Das erwürgte Lamm erhebt;

Wenn der Ält’sten Thronenreigen
Und die vier erwählten Zeugen,
Welche Tag und Nacht nicht schweigen,
Harmonie mit uns gemacht! (Offb. 4,4-8.)