Nikolaus Hermann – Vom jüngsten Tage.

Freut euch, ihr Christen, alle gleich,
Sich naht herbei das Himmelreich,
Der jüngste Tag ist für der Tür,
Kein frommer Christ erschreckt dafür.

2. Nicht länger will Gott sehen zu,
Er will sein Heilgen schaffen Ruh;
Der gottlos Hauf nimmt überhand,
Von Tag mehret sich Sünd und Schand.

3. Ist doch kein Glaub auf Erden mehr,
All Creaturen seufzen sehr;
Die Sonn verleurt oft ihren Schein,
Sehr viel Zeichen am Himmel sein.

4. Für Angst die Erd erschüttet sich
Und zittert oft erbärmiglich.
Es kracht und knacket Alls zugleich,
Wenig Fried ist im heilign Reich.

5. Es wüten grausam und geschwind
Und brausen in der Luft die Wind,
Als wollten sie Alls reißen ein,
Das End wird gwiss nicht fern mehr sein.

6. Viel Missgeburt, grässlich Gestalt
Der Menschen und Tier mannigfalt
Begeben sich zu dieser Zeit,
Drum ist der jüngste Tag nicht weit.

7. Auch alle Künft jetzt betteln gehn,
Wiewohl im höchsten Grad sie stehn.
Die Wohlfeil sie verächtig macht,
Gotts Wort man spott, verhöhnt und lacht.

8. Der Glehrten Zank und args Gebeiß
Macht, dass der gmeine Mann nit weiß:
Wo sei die reine, rechte Lehr.
Ihr Viel suchen nur Ruhm und Ehr.

9. Drum ist den Menschen bang und weh.
Und wird der Angst je länger, je mehr.
Krieg, Hunger, Sterben, alle Plag,
Die häufen sich von Tag zu Tag.

10. Es wild ein jeder haben Recht,
Und wär viel lieber Herr, denn Knecht.
Niemand will schier sein untertan,
Die Ehr keiner dem Andern gan.

11. Die Läng kanns also stehen nicht,
Drum wird Christ kommen zu Gericht,
Sonst würd er keinen Glauben mehr
Finden, so lang er außen wär.

12. Drum lieben Christen, seid getrost,
Ich hoff, wir werden schier erlöst;
Die Zeichen werden lügen nicht,
Es wird angehn das jüngst Gericht.

13. Christus wird heimführen sein Braut,
Die in der Tauf ihm ist vertraut,
Für welche er sein Leben lies,
Die nun sein Reich und Erbgut ist.

14. Rimmel und Erb posaunen auf
Ihr Christen merkt nur eben drauf,
Das Läutn hats sich gefangen an,
Gar bald wird man zusammenschlan.

15. Es wird fürhanden sein, die Zeit,
Dass der Herr seine Christenheit
Wird führen aus dem Jammertal,
Erfüllt wird sein der Heilgen Zahl.

16. Die Welt ist nun gar worden alt,
Ihr Wärm ist hin, sie ist verkalt.
Sie hat verloren Saft und Kraft,
Das End gwiss herbei sich macht.

17. Sein Zukunft, Herr, wir warten all,
Horchen auf der Posaunen Schall.
Komm lieber Herr Christ, mache nicht lang,
Hilf deiner Kirch, denn ihr ist bang;

18. Und führ sie in die ewige Ruh,
Die du ihr hast bereitet zu
Dort oben in deine Vaters Reich,
Da sie wird sein dein Engeln gleich.

19. Und weil du denn wirst kommen schier,
Hilf, dass wir gehn entgegen dir,
Mit unsern Lampen wohl geschürt,
Alls voller Öl, wie siche gebührt;

20. Dass wir sein rechte Hochzeits Gäst,
Rein in der Lieb, im Glauben fest;
Und steif in starker Hoffnung stehn,
Mit dir also zur Hochzeit gehn,

21. Die dir dein Vater hat bereit,
Mit deiner Braut, der Christenheit.
Da wird aufhören Angst und Not,
Hilf uns bald hin, Christ, lieber Gott!

Amen.