Johann Caspar Lavater – Maria’s Lobgesang.

Luc. 1, 46-55.

 

Erhebe, meine Seele, Gott!

Frohlock‘ in Ihm, mein Geist;

Bet‘ an, o Glaube! schweige Spott!

Gott hält, was Er verheißt.

 

  1. Auf seiner Mägde niedrigste

Sah er mit Gnade doch;

Und Gott mein Heiland ehrete

Die Niedrigste, wie hoch!

 

  1. Mich preiset, mich, die Gott erwählt,

Die fernste Nation;

Das künftigste Geschlecht erzählt

Von mir und meinem Sohn.

 

  1. Allmächtig ist Jehovah! wer

Wer ist so groß, so gut?

So unbeschreiblich huldreich, der

So große Dinge thut?

 

  1. Die ganze Seele jauchzt Dir zu,

Singt: heilig! heilig! Dir

Allmächtiger! was thatest Du,

Allherrlicher! an mir!

 

  1. Wer Dich von Herzen sucht und ehrt

Erfähret deine Treu‘;

Ihm wird, so oft dein Ohr ihn hört,

Herr, deine Gnade neu!

 

  1. Unausgestorben, ungeschwächt

Durch Sünde, Zeit und Ort,

Wirkt von Geschlechte zu Geschlecht,

Herr, deine Wahrheit fort.

 

  1. Herr, deines hohen Armes Kraft,

Wie siegreich wunderbar!

Wie sinkt, wenn sie sich regt und straft,

Vor ihr der Stolzen Schar!

 

  1. Und jede hohe Stirne sinkt;

Der Frechen Heer zerstreut

Sich Spreu gleich, wenn der Höchste winkt,

Wenn Er von ferne dräut.

 

  1. Die Thronen stürzen! Todesraub

Ist Fürsten Majestät,

Wenn Er die Demuth aus dem Staub

Zum Fürstenthron erhöht!

 

  1. Herr, deine Fülle sättigt gern

Den hungermatten Mund;

Der stolze Reiche nur ist fern

Von Dir und deinem Bund.

 

  1. Barmherzigkeit und Leben ist

Dein unzerstörbar Reich;

Erbarmer Israels, Du bist

Dir ewig, ewig gleich!

 

  1. Nie, wenn Du einst Dich offenbarst,

Wird Dich dein Wort gereu’n,

Was Du den frühsten Vätern warst,

Willst Du den Enkeln sein.