- HErr, du erforschest meinen Sinn
und kennest, was ich hab und bin,
Ja, was mir selbst verborgen ist,
das weißt du, der du alles bist. - Ich sitz hier oder stehe auf,
ich lieg, ich geh auch oder lauf:
So bist du um und neben mir,
und ich bin allzeit hart bei dir. - All die Gedanken meiner Seel,
und was sich in der Herzenshöhl
Hier reget, hast du schon betracht,
eh ich einmal daran gedacht. - Auf meiner Zungen ist kein Wort,
das du nicht hörtest allsofort,
Du schaffests, was ich red und tu,
und siehst all meinem Leben zu. - Das ist mir kund. Und bleibet doch
mir solch Erkenntnis viel zu hoch,
Es ist die Weisheit, die kein Mann
recht aus dem Grunde wissen kann. - Wo soll ich, der du alles weißt,
mich wenden hin vor deiner Geist?
Wo soll ich deinem Angesicht
entgehen, daß mich sehe nicht? - Führ ich gleich an des Himmels Dach,
so bist du da, hältst Hut und Wach,
Steig ich zur Höll und wollte mir
da betten, find ich dich auch hier. - Wollt ich der Morgenröten gleich
geflügelt ziehn, so weit das Reich
Der wilden Fluten netzt das Land,
käm ich doch nie aus deiner Hand. - Rief ich zu Hilf die finstre Nacht,
hätt ich doch damit nichts verbracht;
Denn laß die Nacht sein wie sie mag,
so ist sie bei dir heller Tag. - Dich blendt der dunkle Schatten nicht,
die Finsternis ist dir ein Licht,
Dein Augenglanz ist klar und rein,
darf weder Sonn noch Mondenschein. - Mein Eingeweid ist die bekannt,
es liegt frei da in deiner Hand,
Der du von Mutterleibe an
mir lauter Lieb und Guts getan. - Du bists, der Fleisch, Gebein und Haut
so künstlich in mir aufgebaut;
All deine Werk sind Wunder voll,
und das weiß meine Seele wohl. - Du sahest mich, da ich noch gar
fast nichts und unbereiter war,
Warst selbst mein Meister über mir
und zogst mich aus der tief herfür. - Auch meiner Tag und Jahre Zahl,
Minuten, Stunden allzumal
Hast du, als meiner Zeitenlauf,
Vor meiner Zeit geschrieben auf. - Wie köstlich, herrlich, süß und schön
seh ich, mein GOtt, da vor mir stehn
Dein weises Denken, was du denkst,
wenn du uns deine Güter schenkst! - Wie ist doch das so trefflich viel!
Wenn ich bisweilen zählen will,
So find ich da bei weitem mehr
als Staub im Feld und Sand am Meer. - Was macht denn nun die wüste Rott,
die dich, o großer Wundergott,
so schändlich lästert und mit Schwach
Dir so viel Übels redet nach? - Ach, stopfe ihren schnöden Mund!
Steh auf und stürze sie zu Grund!
Denn weil sie deine Feinde sind,
bin ich auch ihnen herzlich Feind. - Ob sie nun gleich hinwieder sehr
mich hassen, tu ich doch nicht mehr,
Als daß ich wider ihren Trutz
mich leg in deinen Schoß und Schutz. - Erforsch, HErr, all mein Herz und Mut,
sieh, ob mein Weg sei recht und gut,
Und führe mich bald himmelan
den ewigen Weg, die Freudenbahn.