Jonas, Justus – Der Neun und Siebentzigste Psalm

zu disen ferlichen zeiten, allen Christen zu trost zu singen und zu beten in Reime gestalt.

Halle Saxorum, 9. Julij 1546

Herr Jhesu Christ, dein Erb wir sind,
dein heilig kirch auff erden;
Dein ewig volck, selig durch gott,
solln wir im himel werden:
Die wir itzt hörn dein heiliges wort,
hilff, das wir all mügen dort
in dir, gottes Son, uns frewen.

Dein heilig kirche ist nicht Rhom
noch seine wüste pfaffen,
Die Christen wonung Gottes seind,
der alles hat erschaffen;
Der höchste heilig tempel sind
die tewren waren gottes kind,
durchs wort und geist geboren.

Das ist der Tempel und das haus,
das zum Sewstal wolln machen
Bapst, Satans rott, der pfaffen hauff;
o Herr, du wollest wachen!
Hierusalem, die werde stadt,
durch Tyranney und Judas rath
ein steinhauff solte werden.

Die prediger und die diener dein
wolten sie grewlich schlachten,
Ir leib, die doch tewr sind fur dir,
für raben speise achten,
Auch heilgen fleisch, unschuldig blut,
das in dem himel schreien thut,
solten die hunde schlingen.

Zu wuterey steht all ir hertz,
die kirchen zu erseuffen
Und greulich in jrem eigen schweis
die Christenheit zu Teuffen;
Wie wasser solte fliessen blut,
dadurch zu kuln jrn Cayns muth,
niemants solt uns begraben.

Ein schmach wir unsern nachbarn sind,
ein spot und hohn auch frembden:
Herr, du wolst deinen grim und zorn
nicht gar lassen entzünden!
Schut deinen grimm uff Rhom, die Stadt,
die Christum lengst vorraten hatt,
auff gottlos mönche und pfaffen!

Schut deinen grim auffs heilos volck,
das dich, herr Gott, nicht kennet,
Auff all papisten, Teuffels volck,
die dein wort irtumb nennen.
Die gar nicht wissen, was beten ist,
vertrawen auff ihre welsche list,
auffs Bapsts und pfaffen rencke!

In ihrem hertz gefressen sind
schon alle frome Christen,
Das haus Jacob ist itzt die kirch,
bleibt wol fur iren listen;
Zu wüsten die gantz Christlich lehr,
das wolstu, Gott von Himel, wehr,
stehen alle ir gedancken.

Gedenck nicht an die miss4ethat
noch an die schweren sünde,
Die wir zuuor begangen han!
erbarm dich, wir sind dünne
Und kleine ist das heufflin dein,
dem itzt drawet den todt allein
der grosse Cayns hauffe!

Hilff, Jhesu Christ, dan dis gilt dir
und deinen heilgen Nahmen!
Umb des willen trit selbs herfür
wider den schlangen samen,
Erret uns itzt in grosser noth,
sie wolln uns alle haben todt
und zwingen, dich zu leucken.

Wie manch from hertz itzt seufftzet tieff,
das du allein Herr kennest,
Wie etwa unter den Lewen rieff
Daniel, den du selbst nennest
Ein man nach deines hertzen lust:
itzt stehn die schwerter an der brust,
one dich können sie nicht wunden!

Nach deinem götlichen starcken arm
wollest itzt helffn und raten!
Des teuffels kopff, der Bapst zu Rhom,
ist voller bösen thaten,
Dein Christen, Herr, in grosser fahr:
erhalt, die dich bekennen war,
zur rechten Gottes sitzend.

Vergilt auch den ye siebenfalt,
die blutvergissen suchen,
In ihren bösem geb die Rach,
ob sie wol auff geld pochen;
Nicht wider uns, allein, Herr, dich
sie lestern, darumb selb zubrich
ir macht und all ir wesen.

Wir aber deine kirche sein,
arme schefflin deiner weide!
Wir dancken dir in ewigkeit,
das du mit starckem Eide
Uns gnad und schutz hast zugesagt,
darumb wir loben nacht und tag
dein wunder uber wunder.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Schreibe einen Kommentar