Johann Christoph Ruben – Wiegenlied.

Schlaf sanft und wohl, schlaf, liebes Kind,
Dieweil die Engel bei dir sind!
Sie sehen Gottes Angesicht:
Sie wachen hier und schlummern nicht.

Du schläfst und liegest weich dabei:
Dein Heiland lag auf Stroh und Heu,
Im finstern Stall, auf Holz und Stein:
Du liegst in deinem Wiegelein.

Dir störet niemand Schlaf und Ruh:
Ihm setzten tausend Feinde zu.
Du lebst ohn einigen Verdruss,
Da er das Elend leiden muss.

Gott segne deiner Mutter Schoß:
Nimm zu, gedeih und werde groß,
Fromm und an deiner Seelen reich,
An Weisheit deinem Jesu gleich.

Gott fülle dich mit Gnad und Licht,
Dass durch dich andern wohl geschieht,
Und werd ein Baum, der Schatten gibt:
Du Pflänzlein, treu von Gott geliebt.

Gott ist ein wahrer Kinderfreund,
Wenn sie der Weisheit Schüler seind,
So wohl, als sein Sohn Jesus Christ
Die Kinder segnet, herzt und küsst.

Sei, wie das traute Jesuskind,
Gerecht, getreu und fromm gesinnt:
Dies Kindlein ging die Tugendbahn
Und war den Eltern untertan.

Dein Gott verkläre für und für
Sein liebes Jesuskind in dir;
Dass deine Seel erkennt und fasst,
Was du am Kindlein Jesu hast.

Was Jesus ist und heißt und tut,
Das ist und tut er dir zu gut:
Dein großes Elend macht allein,
Dass er ein Kind, wie du, musst sein.

Wer es mit diesem Kinde hält,
Für diesen ist das Reich bestellt;
Der nimmt, er sei klein oder groß,
Mit ihm dort gleiches Erb und Loos.

Wie bald ist auf der Welt verricht,
Wozu uns unser Gott verpflicht:
Es ist noch um ein kurzes Nun
und um den letzten Schlaf zu tun.

Bald weckt uns der Posaunen Ton,
Bald steiget Christus auf den Thron
Und wer mit ihm hier in Gefahr,
Verachtet, arm und elend war.

Schlaf, liebes Kind, schlaf unbetrübt!
Wenn Gott Verstand und Jahre gibt,
So wachs im Geiste Tag und Nacht,
Bis dich Gott ewig selig macht. Amen.

Claudius, Matthias – Die Mutter bei der Wiege

Schlaf, süßer Knabe, süß und mild!
Du deines Vaters Ebenbild!
Das bist du; zwar dein Vater spricht,
Du habest seine Nase nicht.

Nur eben itzo war er hier
Und sah dir ins Gesicht,
Und sprach: Viel hat er zwar von mir,
Doch meine Nase nicht.

Mich dünkt es selbst, sie ist zu klein,
Doch muß es seine Nase sein,
Denn wenn’s nicht seine Nase wär‘,
Wo hätt’st du denn die Nase her?

Schlaf, Knabe, was dein Vater spricht,
Spricht er wohl nur im Scherz;
Hab‘ immer seine Nase nicht,
Und habe nur sein Herz!

Claudius, Matthias – Ein Wiegenlied, bei Mondschein zu singen.

So schlafe nuh, du Kleine!
Was weinest du?
Sanft ist im Mondenscheine
Und süß die Ruh‘.

Auch kommt der Schlaf geschwinder,
Und sonder Müh‘,
Der Mond freut sich der Kinder,
Und liebet sie,

Er liebt zwar auch die Knaben,
Doch Mädchen mehr,
Gießt freundlich schöne Gaben
Von oben her.

Auf sie aus, wenn sie saugen,
Recht wunderbar,
Schenkt ihnen blaue Augen
Und blondes Haar.

Alt ist er wie ein Rabe,
Sieht manches Land,
Mein Vater hat als Knabe
Ihn schon gekannt.

Und bald nach ihren Wochen
Hat Mutter ‚mal
Mit ihm von mir gesprochen:
Sie saß im Tal.

In einer Abendstunde,
Den Busen bloß,
Ich lag mit offnem Munde
In ihrem Schoß.

Sie sah mich an, für Freude
Ein Tränchen lief,
Der Mond beschien uns beide,
Ich lag und schlief.

Da sprach sie: „Mond, oh! scheine,
Ich hab‘ sie lieb,
Schein‘ Glück für meine Kleine!“
Ihr Auge blieb

Noch lang am Monde kleben,
Und flehte mehr.
Der Mond fing an zu beben,
Als hörte er.

Und denkt nun immer wieder
An diesem Blick,
Und scheint von hoch hernieder
Mir lauter Glück.

Er schien mir unterm Kranze
Ins Brautgesicht,
Und bei dem Ehrentanze;
Du warst noch nicht.