Claudius, Matthias – Ein Lied für Schwindsüchtige

Weh‘ mir! Es sitzt mir in der Brust,
Und drückt und nagt mich sehr,
Mein Leben ist mir keine Lust
Und keine Freude mehr.

Ich bin mir selber nicht mehr gleich,
Bin recht ein Bild der Not,
Bin Haut und Knochen, blaß und bleich,
Und huste mich fast tot.

Die Luft, drein herrlich von Natur
Gott seinen Segen senkt,
Und daraus alle Kreatur
In Heil und Leben tränkt;

Die ist für mich nicht frei, nicht Heil.
Mein Atem geht schwer ein;
Ich muß um mein bescheiden Teil
Mich martern und kastein.

Und doch labt’s und erquickt’s mich nicht,
Macht’s mir nicht frischen Sinn.
Die Blume, die der Wurm zersticht,
Welkt jämmerlich dahin!

Auch Schlaf, der alle glücklich macht,
Will nicht mein Freund mehr sein,
Und lässet mich die ganze Nacht
Mit meiner Not allein.

Die Ärzte tun zwar ihre Pflicht,
Und fuschern drum und dran;
Allein sie haben leider nicht
Das, was mir helfen kann.

Mein‘ Hülf‘ allein bleibt Sarg und Grab.
O sängen an der Tür
Sie schon, und senkten mich hinab!
Wie leicht und wohl wär’s mir!

O sängen doch an meiner Tür
Sie laut: „Ich hab‘ mein Sach'“
Und trügen mich, und folgten mir
In langer Reihe nach,

Rund um die Kirch‘ ans Grab heran,
Und senkten mich hinein! –
Ich läg‘ und hätte Ruhe dann,
Und fühlte keine Pein.

Doch ich will leiden, bis Gott ruft,
Gern leiden bis ans Ziel.
Nur deinen Trost! und etwas Luft
Du hast der Luft so viel.

Gellert, Christian Fürchtegott – Ich hab in guten Stunden

Ich hab in guten Stunden
Des Lebens Glück empfunden;
Und Freuden ohne Zahl:
So will ich denn gelassen
Mich auch in Leiden fassen;
Welch Leben hat nicht seine Qual?

Ja, Herr, ich bin ein Sünder,
Und stets strafst du gelinder,
Als es der Mensch verdient.
Will ich, beschwert mit Schulden,
Kein zeitlich Weh erdulden,
Was doch zu meinem Besten dient?

Dir will ich mich ergeben,
Nicht meine Ruh, mein Leben,
Mehr lieben, als den Herrn.
Dir, Gott, will ich vertrauen,
Und nicht auf Menschen bauen;
Du hilfst, und du errettest gern.

Laß du mich Gnade finden,
Mich alle meine Sünden
Erkennen und bereun.
Itzt hat mein Geist noch Kräfte;
Sein Heil laß mein Geschäfte,
Dein Wort mir Trost und Leben sein.

Wenn ich in Christo sterbe:
Bin ich des Himmels Erbe.
Was schreckt mich Grab und Tod?
Auch auf des Todes Pfade
Vertrau ich deiner Gnade;
Du, Herr, bist bei mir in der Not.

Ich will dem Kummer wehren,
Gott durch Geduld verehren,
Im Glauben zu ihm flehn.
Ich will den Tod bedenken.
Der Herr wird alles lenken;
Und was mir gut ist, wird geschehn.