Mathesius, Johann – Nun schlaf mein liebes Kindelein

Ein Wiegenlied für gottselige Kindermädchen und andere christliche Personen, so der lieben Kindlein warten, damit sie zu schweigen oder einzuwiegen.

Nun schlaf mein liebes Kindelein,
Und thu deine Aeuglein zu,
Denn Gott der Herr will dein Vater sein,
Drum schlaf mit guter Ruh!

Dein Vater ist der liebe Gott
Und will’s auch ewig sein,
Der Leib und Seel dir geben hat
Wohl durch die Eltern dein.

Und da du warst in Sünd geborn,
Wiue Menschenkinder all,
Und lagst dazu in Gottes Zorn
Um Adams Sünd und Fall,

Da schenkt er dir sein’n lieben Sohn,
Den schenkt er in den Tod,
Der kam auf Erd vom Himmelsthron,
Half dir aus aller Noth.

Ein Kindlein klein ward er geborn,
Am Kreuz sein Blut vergoß,
Damit stillt er sein’s Vaters Zorn,
Macht dich von Sünden bloß.

Hör, was dir Christ erworben hat
Mit seiner Marter groß:
Die heilig Tauf, das selig Bad
Aus seiner Seite floß!

Darin bist du nun neugeborn
Durch Christus Wunden roth,
Verschlungen ist Gottes grimmig Zorn,
Dein Schuld ist quitt im Tod.

Mit seinem Geist er dich auch krönt
Aus lauter Lieb und Treu,
Der in dein zartes Herzlein stöhnt
Und macht dich gar spannen1).

Er send’t dir auch sein Engelein
Zu Hütern Tag und Nacht,
Daß sie bei deiner Wiege sei’n
Und halten gute Wacht.

Damit der böse Geist kein’n Theil
An deinem Seelchen find’t:
Das bringt dir Alles Christi Heil,
Drum bist ein selig Kind“

Dem Vater und der Mutter dein
Befiehlt er dich mit Fleiß,
Daß sie dein treue Pfleger sein,
Ziehen dich zu Gottes Preis.

Dazu das liebe Jesulein
Das gesellt sich zu dir fein,
Will dein Emanuelchen sein
Und liebes Brüderlein.

Drum schlaf, du liebes Kindelein,
Preis Gott, den Vater dein,
Wie Zacharias‘ Hänselein,
So wirst du selig sein.

Der heilig Geist der segne dich
Bewahr dich alle Zeit.
Sein heil’ger Nam behüte dich,
Schütz dich vor allem Leid!

Amen, Amen! Ja, das ist wahr,
Das sagt der heilige Geist!
Geb Gott, daß du von heut zu Jahr
Ein gottselig Mensch seist!

Mathesius, Johann – O Jesu Christ, wahr Gottes Sohn

O Jesu Christ, wahr Gottes Sohn,
Mein Heiland, Mittler und Patron,
Ich armer Sünder flieh zu Dir,
Weil Du sprichst: Kommt all her zu mir,
Die ihr jetzt steckt in Angst und Noth,
Ich rett allein aus Sünd und Tod.
Ich will eur Trost und Beistand sein
Bei eurem Gott, dem Vater mein;
Will durch mein Wort und Geist euch geben
Gerechtigkeit und ewiges Leben.
Ich glaub, Herr, durch dein Wort an Dich;
Ach, Freud und Trost in mein Herz sprich.
Wenn du mich laßt, so steh ich bloß.
Ich bitt Dich durch dein Güte groß,
Durch dein Opfer und theures Blut,
Welchs all mein Sünde tilgen thut,
Denk mein in deines Vaters Thron;
Du bist allein der liebe Sohn.
Ins Teufels Sieb ich sitz jetzund,
Laß du mich nicht, ich geh zu Grund.
In dieser Noth von mir nicht setz,
An dir mich alles Leids ergetz.
Aus Lieb und Treu mir Beistand thu,
In dir allein ist Rast und Ruh.
Du bist mein Fels, Vest, Schild und Hort;
Beim Vater red mir heut mein Wort.
Du bist der einig Priester rein,
Leg für mich ein Collecten ein.
Wenn mein Glaube sinket und zagt,
Und mich mein große Sünde plagt,
Kein Trost will in mein Herze nicht,
Und es vor Aengsten gar erschrickt,
All Creatur setzt von mir ab,
Alsdenn erquick und mein Herz lab.
Wenn Leib und Seel sich scheiden thut,
Bespreng mich, Herr, mit Deinem Blut.
Der Würger hab an mir kein Theil,
Auf dir allein steht all mein Heil.
Ein traurig Herz, von Reu gekränkt,
Mit Deinem theuern Blut besprengt,
Solch Opfer gfallen Gott allein.
Laß dir mein Seel befohlen sein.
Bescher mir, Herr, ein selig End,
Mein Geist nimm, Herr, in deine Händ.
Die arme Christenheit bewahr,
Halt sie in Fried und reiner Lahr.
Amen.

Ledderhose – Nikolaus Hermans und Johannes Mathesius geistliche Lieder

Mathesius, Johann – Christ, König, Gott, unser Heiland,

Gebet für Joachimsthal.

Christ, König, Gott, unser Heiland,
Unser Schutz steht in deiner Hand,
Du nimmst dich deiner Kirchen an,
Für dir muß fallen Roß und Mann.

Laß dir die Stadt befohlen sein,
Für Feuersnoth behüt sie fein.
Vor arger List, Untreu und Gfahr
Durch dein Engel das Thal bewahr.

Denn wo du nicht die Wach bestellst
Und selbst die Stadt und Gmein erhältst,
So ists mit Menschenkraft verlorn,
Das macht des Satans grausam Zorn.

Gieb du Verstand, Rath, Glück und Muth,
Daß man erhalt das höchste Gut,
Dein heilsams Wort, das unser Rath,
Solchs pflanz mit Fleiß in dieser Stadt.

Hilf, daß die schön Gerechtigkeit,
Zucht, Ehr, Kunst, Lieb und Einigkeit
Gefördert werd, Unrecht gestraft,
Daß Fried und Ruh hie werd geschafft.

Dieß sind je unser Väter zwar,
Die du verordnet hast dieß Jahr,
Damit die Gmein, Schul, Kirch, Spital
Versorget werd in diesem Thal.

Denn wie ein Amm mit Fleiß und Müh
Des Kindes wartet spät und früh,
Also pflegt jetzt der Christenheit
Allhie die liebe Obrigkeit.

Darum, Herr Christ, wir, deine Kind,
Die durch dein Blut erarnet1) sind,
Schreien aus Herzensgrund zu dir:
Den Rath im Thal schütz und regier!

Ewiger Brunn Gotts, einigs Kind,
Bei dir man Rath und That stets findt:
Mit deinem Segen sie begnad,
So gehn all Anschläg wohl von statt.

Ihr Einkommen laß wachsen flugs,
Erhalt das Bergwerk, gib gut Kux,
Damit wir und die ganz Gemein
An Leib und Seel versorget sein.

Lob, Ehr und Dank zu aller Frist
Singen wir dir, Herr Jesu Christ,
Wir, deine liebe Schülerlein:
All unser Lehr und Fleiß ist dein.

Amen.

—-
Ledderhose – Nikolaus Hermans und Johannes Mathesius geistliche Lieder
1) erworben

Mathesius, Johann – Aus meines Herzens Grunde

Aus meines Herzens Grunde
Sag ich dir Lob und Dank
In dieser Morgenstunde,
Dazu mein Leben lang,
O Gott in deinem Thron
Dir zu Preis, Lob und Ehren
Durch Christum unsern Herren,
Dein eingebornen Sohn.

Und daß du mich aus Gnaden
In dieser vergangnen Nacht
Vor G’fahr und allem Schaden
Behütet und bewacht:
Ich bitt demüthiglich,
Wollst mir mein Sünd vergeben,
Womit in diesem Leben
Ich hab erzürnet dich.

Du wollst auch gnädiglichen
Mich b’hüten diesen Tag
Vor des Teufels List und Wüthen
Vor Sünden und vor Schmach,
Vor Feuer und Wassersnoth,
Vor Armuth und vor Schanden,
Vor Ketten und vor Banden,
Vor bösem schnellen Tod.

Mein Seel, mein Leib, mein Leben,
Mein Weib, Gut, Ehr und Kind
In deine Hände thu geben,
Dazu mein Hausgesind;
Ist dein Geschenk und Gab:
Mein Eltern und Verwandten,
Mein Brüder und Bekannten
Und Alles, was ich hab.

Dein Engel laß auch bleiben
Und weichen nicht von mir,
Den Satan zu vertreiben,
Auf daß der böse Feind hier
In diesem Jammerthal
Sein Tück an mir nicht übe,
Leib und Seel nicht betrübe
Und bring mich nicht zu Fall.

Gott will ich lassen rathen,
Denn er all Ding vermag;
Er g’segne meine Thaten,
Mein Vornehmen und Sach!
Denn ich ihm heimgestellt
Mein LEib, mein Seel, mein Leben
Und was er mir sonst geben:
Er mach’s, wie’s ihm gefällt!

Darauf so sprech ich Amen
Und zweifle nicht daran,
Gott wird es all’s zusammen
Ihm wohlgefallen lan.
Und streck nun aus mein Hand,
Greif an das Werk mit Freuden,
Dazu mich Gott hat b’scheiden
In mein Beruf und Stand.

Klaiber, Karl Friedrich – Evangelische Volksbibliothek

Mathesius, Johann – Abram glaubt dem verheißnen Christ

Ein Christlich lied von der rechtfertigung, Genesis XV.

(„Das tröstliche De profundis, welches ist der CXXX. Psalm Davids. Sampt Predigten von der Rechtfertigung rc. Gepredigt im Joachimsthal, durch den alten Mathesium rc. Nürnberg M.D.LXV,“ in 4°, Blatt ee ii. In der 7ten Strophe hat die erste ausgabe von 1565 das letzte Wort han nicht, in der zweiten von 1571 steht es.)

Abram glaubt dem verheißnen Christ,
drumb er gerecht gezelet ist,
Also gefelt Gott jeder man,
der Christum im wort nimmet.

Die zugerechnet gerechtigkeyt
ist der bekerten seligkeyt,
Wer kent und trawt Gots grechtem Knecht,
den nimpt Gott an und schetzt jhn grecht.

Auß gnad umb Christi bitt und todt
sindt wir versönt mit unserm Gott,
Er helt uns grecht auß lieb und trew,
durch seinen Geyst schafft er uns new.

Durch eygen werck wirdt niemand grecht,
wir alle sindt der sünden Knecht,
Verkaufft umb sonst in ewigen Todt,
durchs Gsetz besteht kein mensch für Gott.

Ein hertz von rew und leyd gekrenckt,
mit Christi Blut und Geyst besprengt,
Vol glauben und gutem vorsatz,
ist Gott der angenembste Schatz.

Drumb wer wil fried und leben han,
mit freydigkeit für Gott bestan,
Recht beten, frölich schlaffen ein,
bewarn Glauben, halts gwissen reyn!

Der glaub allein macht fromm und grecht,
die schulding werck sinds nechsten Knecht.
Sie preysen Gott und zeygen an,
das wir den rechten glauben han.

Bey reyner lehr erhalt uns, HERR,
glaub, lieb, gedult, zucht in uns mehr,
Komm bald zum Gricht, HErr Jesu Christ,
auff erd kein trew, fried, lieb mehr ist!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Mathesius, Johann – In Gottes Namen spann ich an

Vom geistlichen Fuhrwerk

In Gottes Namen spann ich an,
Gott’s ist’s Geschirr, er ist Fuhrmann.
Wenn er vorlegt und greift an’s Rad,
So gehn sein Fuhrwerk fein von Statt.
Kyrieleis.

Herr, weis dein Knecht auf rechte Bahn,
Du weißt all Weg, hilfst Roß und Mann,
Kennst all Furth, Schläg, Stöck, Pfütz und Krümm‘,
So du nicht hilfst, werfen wir um.
Kyrieleis.

Gleit du mich selbst, wenn ich ausfahr;
Mein Felg, Speich, Rad, Ax, Schien bewahr.
Wenn’s bergein geht, hemm zeitlich ein,
Laß dein Engel mein Enken 1) sein.
Kyrieleis.

Gmach hilf mir fort auf Brück und Steg,
Und daß ich weich vor’m engen Weg.
Wenn mir bekommt ein hart Gespann,
Wehr, daß ich fang kein’n Hader an.
Kyrieleis.

Wenn ich irrfahr in meiner Reis,
Bring mich beizeit in’s rechte Gleis.
Wenn ich umwerf und lieg im Koth,
Hilf wieder auf, rett mich aus Noth.
Kyrieleis.

Mit meinem Gschirr preis ich dich, Herr;
Zu Nach ein’n guten Wirth bescher,
Spann mich aus, daß ich komm zur Ruh,
Auf Christi Straß fahr ich grad zu.
Kyrieleis.

Wir Fuhrleut hier das Elend baun 2),
Wohl den, so Gottes Wort vertraun,
Den’n ist ihr Herberg schon bereit,
Da lebt man wohl in Ewigkeit.
Kyrieleis.

Der Kirche selig Wagenfahrt,
So jetzt im tiefen Schlamm steckt hart,
Befehl ich dir, Herr Jesu Christ,
Denn du der recht Schirrmeister bist.
Kyrieleis.

Klaiber, Karl Friedrich – Evangelische Volksbibliothek

1) Knecht, eigentlich Großväterchen, überhaupt alter, vertrauter Hausdiener
2) in der Fremde sein

Mathesius, Johann – Geborn ist uns der heilig Christ

1. Mos. 3.

Geborn ist uns der heilig Christ,
Der Weibes Samen ist,
Ein Herr zu aller Frist,
Wie man in Mose liest.

Jesus ist sein göttlicher Nam,
Aus Vaters Schooß er kam,
Und ist Abrahä Sam,
Ein Reis aus Davids Stamm.

Er ist des Vaters Bild und Schein,
Der Jungfraun Kind allein,
Der Hohepriester rein
Und Gottes Lämmelein.

Er trägt all unser Pein und Schuld,
Leidt Armuth mit Geduld,
Erwirbt uns Gottes Huld,
Sein Hand der Vater füllt.

Den rechten Segen bringt er mich,
Beim Vater uns verbitt,
Der Schlang den Kopf zertritt,
Am Kreuz er für uns litt.

Mit seinem Geist tröst er uns nu,
Er schenkt und Freud und Ruh,
Sein Grechtigkeit darzu,
In ihm leben wir nu.

Er ist der starke Gottesheld,
Der sich zu uns gesellt.
Und uns in dieser Welt
In seiner Hand erhält.

Wer ihm vertraut und ruft ihn an,
Bhälts Wort, dient Jedermann,
Solchs er nicht lassen kann,
Der wahre Gottesmann.

O ewigs Wort, gesalbter Christ,
Der du Fleisch worden bist,
Für uns Blutströpflein schwitzt,
Zus Vaters Rechten sitzt.

Bewahr dein Erb in Kreuz und Noth
Durch dein Geburt und Tod,
Angst, Blut und Wunden roth,
Bist du doch wahrer Gott.

Rett du dein Ehr, erhalt dein Wort,
Gieb Fried, Verstand hinfort,
Dämpf Ketzerei und Mord,
Unser Mittler und Hort!

Zerstör den Satan durchs Gericht,
Er ist der Bösewicht,
Der stets dein Kirch anficht,
Und dich in dein Fett sticht.

Wir preisn dich, unser Vater, schon,
Der uns schenkt mit seim Sohn
Den rechten Gnadenthron,
Die unverwelklich Kron.

Mathesius, Johann – Zwo Lamentationes, d.i. Klagelieder

die man pflegt zu singen in der Marterwochen.
I.

O Christenleut, vergesset nicht,
Was Gottes Sohn durch Oseam spricht:
Fürcht euch nicht, ihr Brüder mein,
Ich rett euch aus der Höllen Pein;
Ich würg den gräßlichen Tod.
Das kostet mich mein theures Blut so roth;
Also versöhn ich euch mit meinem Gott.

II.

Wir danken Christ für seinen Streit,
Der seinen Sieg und Triumph uns geit.
Der Tod ist verschlungen zwar,
Und sein Stachel ist zerbrochen gar;
Die Sünd hat ihr Macht verlorn.
Des Gsetzes Kraft, der grimmige Gottes Zorn,
Die hat Christus in seinem Grab verschorn.

Ledderhose – Nikolaus Hermans und Johannes Mathesius geistliche Lieder