Herman, Nikolaus – Ein geistliches Lied von Dürftigkeit menschlichen Geschlechts und vom Tode, wie ihn Christus überwunden, derwegen auch nicht soll gefürchtet werden rc.

In Sterbenszeiten tröstlich zu singen.

Der Mensch wird von eim Weib geborn,
Mit Weh und Schmerzen in Gotts Zorn,
Und lebt alhie ein kleine Zeit
In Jammer, Not und Dürftigkeit.

2. Jetzt blüht er, wie ein Blümlin schon,
Bald fleucht er wie Schatten darvon.
Sein Tun und Werk hat kein Bestand,
Im Augenblick ists Alls gewandt.

3. Sein Leben ist nichts, denn Unruh,
Welchs er mit Angst und Not bringt zu,
Bis kommt der Sünden Sold, der Tod,
Und erlöst ihn aus aller Not.

4. Derselbige kommt uns Allen gleich,
Wir sind jung, alt, arm oder reich;
Denn über uns das Recht er hat
Durch Adams Schuld und Missetat.

5. Da er aber griff Christum an
Und würget ihn wie sonst ein Mann,
Der doch ohn Sünd was und gerecht,
Verlor sein Recht der Höllenknecht,

6. Und blieb ihm nichts, denn Todesg’stalt,
Ihm wurd geschwächet all sein Gwalt;
Die währt nur bis an jüngsten Tag,
Darnach er Nichts mehr würgen mag.

7. Denn wird der Tod vertilget gar,
Kein Leich wird mehr sein noch kein Bahr.
Denn werd wir all vom Tod aufstehn,
Und lebend aus den Gräbern gehn.

8. In solcher Form und gleicher Gstalt,
Wie Christ erstund durch eigne Gwalt,
So werden wir auch durch sein Kraft
Auch wiederum zum Leben bracht.

9. Was hilft sein Würgen denn den Tod?
Er wird doch Jedermann ein Spott
Sein an demselben großen Tag.
Keim Christen er nicht schaden mag.

10. Er sei so gräßlich als er woll,
Doch länger er nicht herrschen soll,
Denn bis kommen wird Christ der Herr;-
Der wird ihm nehmen Harnisch und Wehr.

11. Denn kommt ein Stärkrer über ihn,
Der wird sein Raub ihm nehmen hin,
Sein Stachel, Spieß, sein Bogen und Seng.
Gelt, ob ihn der wird helfen eing.

12. Drum lasst uns, o ihr Christenleut,
Solchs wohl bedenken allezeit,
Auf dass wir sein beherzt und keck,
Damit der Tod uns nicht erschreck,

13. Gleichwie er allen Heiden tut;
Denn er nimmt all ihr Freud und Mut,
Drum dass sie gar kein Hoffnung han,
Dass sie vom Tod solln wiedr aufstan.

14. Lasst uns nicht werden ihnen gleich,
Und so bekümmern um ein Leich,
Dass, wenn Eins stirbt aus unsrem Haus,
Wir denken: nu ists mit ihm aus.

15. Wir wolln dort sehen unser Freund,
Die in dem Herrn entschlafen sind,
Herrlich in aller Freud und Wonn
Leuchten gleichwie die helle Sonn.

16. Dort werden alle Kinderlein,
Die auf Christum getaufet sein,
Ihr Eltern sehen in Gottes Reich,
Und sein den lieben Engeln gleich.

17. Auch wird ein Vater seine Kind,
So in Gotts Furcht erzogen sind,
Mit Freuden sehen immerdar.
Bei Christo und der Engel Schaar.

18. Drum bitt wir dich, Herr Jesu Christ,
Wenn unser Stündlin kommen ist,
Lass uns in deiner Zuversicht
Hinfahren, und verzagen nicht

19. Für Höllenangst, für Sünd und Tod.
Dein Osterbild in letzter Not
Uns scheinen lass ins Herz und Sinn,
Auf dass wir fröhlich fahrn von hinn.

20. Denn du doch überwunden hast
Tod, Teufel, Höll und Sündenlast.
Dass uns der keines schaden wird.
Du bist ja unser treuer Hirt,

21. Der für sein Schaf das Leben gab;
Darum du Tod bist, gar schabab1aus, weg;
Denn sterben wir, so sterben wir ihm,
Und bist du, Tod, nur unser Gwinn.

22. Ein bessers Leben ist uns bereit,
Darein Herr Christe uns geleit,
Auf dass wir durch ein seligs End
Zu dir kommen aus dem Elend.

Amen.