Lebenssonne, deren Strahlen
Allem Dunkeln geben Schein!
Dich nach Würden abzumalen,
Ist der Sonne Glanz zu klein.
Aller Sterne goldne Pracht
Gegen dich ist lauter Nacht.
Mond und Sonne müssen weichen
Und vor deinem Glanz erbleichen.
2. Ist das Licht süß anzusehen,
Das die Sonne zu uns schickt:
Alles muss in Freuden stehen,
Was dein liebreich Herz erblickt.
Du hast mitten aus der Nacht
Licht und Leben wiederbracht,
Als die Sonne sich verhüllte,
Und den Zorn ihr Schöpfer stillte.
3. Komm denn, Jesu! – deine Klarheit,
Die den Sündendunst durchbricht,
Zeige mir den Weg zur Wahrheit,
Und dein helles Angesicht!
Treib aus meinem Herzen aus
Alle Schatten, lass dein Haus,
Drin du dich willst ewig spiegeln,
Nicht vom Satan dir verriegeln!
4. Siehst du nicht des Herzens Höhle,
Wie sie ist verwirrungsvoll?
In dem tiefsten Grund der Seele
Glänzt es noch nicht, wie es soll.
Ach, wann soll denn einst dein Glanz
Meinen Geist verklären ganz?
Komm, mein Alles zu durchdringen,
Ganz mich in dein Licht zu bringen!
5. Warst du’s nicht, der aus der Tiefe,
Drin die Welt versunken lag,
Durch ein Wort dem Lichte riefe?
Und wie plötzlich ward es Tag!
Starker Gott, dem nichts gebricht,
Sprich nochmals: „Es werde Licht! “
Lass das Fleisch in seinen Lüsten
Nicht mehr wider dich sich rüsten.
6. Lass in deinem Licht mich wandeln,
O du heller Morgenstern!
Lehr‘ mich, dass ich, recht zu handeln,
Aus dem Wort des Lebens lern‘;
Und, gleich wie du für und für
Bist des Vaters Bild und Zier,
Also lass auch deine Strahlen
In mir, Herr, dein Bildnis malen.
7. Ich muss, wie du mich, dich kennen,
Ich muss heilig sein, wie du,
Und wie du in Liebe brennen;
Gib mir Licht und Kraft dazu!
War des Tempels Dunkel nicht
Allzuenge für dein Licht:
Warum willst du nicht verklären
Mich zum Tempel deiner Ehren?
8. Wohne, herrsche, leuchte, heile!
Dir, dir räum‘ ich Herz und Mut.
Sei mir stets zur Feuersäule,
Fülle mich mit Licht und Glut!
Eine Sonne wärmt die Welt,
Eine Sonne mir gefällt!
Will mich diese nicht durchglühen:
Was soll meine Seele ziehen?
9. O dass ich dich möchte spüren
Im Verborgnen unverrückt,
Und in dir mich stets verlieren,
Wenn ich deinen Glanz erblickt!
Weicht, ihr Sinne! schweig, Verstand!
Hier wird etwas mehr erkannt,
Als dein Auge kann erreichen;
Hier muss Witz und Kunst entweichen.
10. Muss ich noch in Mesech’s Wohnung
Seufzen, weinen mannichmal:
Ach, ein Strahl ist g’nug Belohnung!
Ach, ein süßer Jesusstrahl
Hat viel größ’re Lieblichkeit,
Als die Hölle Bitterkeit,
Und in diesem Liebesbunde
Wird verschmerzt des Falles Wunde.
11. Ja, willst du dich auch verstecken
Einen Augenblick vor mir:
Es soll mich doch nicht erschrecken;
Ich will schweigen, trauen dir!
Du wirst deinen Bund und Eid
Halten fest in Ewigkeit.
Wann die Sonne wird vergehen,
Bleibet doch dein Wort mir stehen.
12. Du sollst auch im Finstern heißen
Meines Herzens einzig Licht.
Tod und Grab kann nicht zerreißen,
Was dein Testament verspricht.
Prüf‘, erforsch‘ mich, wie du willt:
Du bleibst mir doch Sonn‘ und Schild!
Hast du dich mir auch entnommen,
Du wirst eilig wiederkommen.
13. Komm nur bald, lass deine Waise
Dir nach schmachten nicht zu lang!
Auf des Lebens schwerer Reise
Wird der Seel‘ oft gar so bang.
Ende meinen Kampf und Lauf,
Geh‘ in Herrlichkeit mir auf!
Lass vor deinem Thron mich stehen,
Und dein Antlitz ewig sehen!