Von einer Morgenwache zu der andern
Ruf ich zu dir, Herr, meines Lebens Licht!
Wie kann ich sehn, wie kann ich vorwärts wandern,
Entziehst du mir dein gnädig Angesicht?
Nacht ist in mir, und Nacht ist rings um mich,
Verbirgst du mir, o meine Leuchte, dich.
Was hab ich Denn, was ich nicht hätt empfangen?
In bittrer Armut steh ich nackt und bloß,
Allein mit meinem Sehnen und Verlangen,
Gießt du mir nicht die Fülle in den Schoß,
Du meine Wolke in der Sonne Pracht,
Du meine Feuersäule in der Nacht!
Wer hat des Lebens Tor mir aufgeschlossen,
Als deine milde, gütge Vaterhand?
Ich bin aus Nichts und bin aus Gott entsprossen,
Und Erd und Himmel sind mein Heimatland:
Ich will auf Erden zu dem Himmel gehn;
Hier darf ich ahnen, dort dich wiedersehn.
O heller Tag, o neuer Schöpfungsmorgen!
O süßes, heilges, allgewaltges Licht!
Was erst noch lag in dunklem Grund verborgen,
Hervor zu seines Daseins Fülle bricht.
Ich Glücklicher! die ganze Welt ist mein
In meines Gottes warmem Wiederschein.
Und wenn sie höher schwillt, des Tages Hitze,
Und Gang und Arbeit werden hart und schwer,
Sich sammeln still des Ungewitters Blitze
In zorngeballtem, finstrem Wolkenheer:
Ich freue mich der hehren Majestät,
Die durch die Welt, im Siegeswagen geht.
Dein bin ich, Herr, dein will ich ewig bleiben!
Ich lass dich nicht, du segnetest denn mich;
Und mag die Welt in Sturm und Wogen treiben,
Und scheitern und zum Abgrund neigen sich:
Ich stürze nicht zum Abgrund mit hinab,
Es hält mein Gott mich über Tod und Grab.
Und wie mit seinen bunten, goldnen Spangen
Der Regenbogen schimmernd Meer und Land
In stillem Frieden tröstend hält umfangen,
Als wie mit einem teuren Liebesband:
So legt um jedes Dunkel, jedes Leid
Die Hoffnung still ihr lichtes Feierkleid.
Will es dann endlich Abend um mich werden,
Brich noch einmal, du Gotteslicht, hervor,
Und trage mich zum Himmel von der Erden
Mit deinen Strahlen schöpferisch empor!
Lass du mich nicht in Nacht und Dunkel stehn,
lass mich von einem Licht zum andern gehn!