Mein HErr, ich bitt‘ Dich kindlich,
Weil Du unüberwindlich
All‘ Deine Kinder hegst:
Lass mich, so lang‘ ich lebe,
Und wo ich vor Dir schwebe,
Erfahren, dass Du treu mich pflegst!
Wenn ich mein ganzes Wesen
Will wie ein Buch durchlesen,
So seh‘ ich forschend zu,
Was Dein Wort von den Seelen,
Die sich zu Sündern zählen,
Für gnädige Erwähnung tu‘.
So wahr Du lebst, mein Fürste,
So wahr ich nach Dir dürste,
So wahr Du König bist;
So wahr Du mein Gebieter,
So wahr Dein Geist mein Hüter,
Dein Vater auch mein Vater ist:
So wahr bin ich ein Sünder
Wie andre Menschenkinder
Und jene Sünderin; (Luk. 7,37 ff.)
Denn wahrlich, mein Erlöser,
Ich kenne Niemand böser,
Als ohne Deine Gnad‘ ich bin.
Du liebst mich unbeschreiblich,
Und mir ist’s selbst kaum gläublich,
Wie sehr ich Dich geübt;
Das hat mich auch von Herzen
Und mit recht bittern Schmerzen
Seit meiner Gnadenzeit betrübt.
Da ist wohl Nichts zu sagen,
Als Dich erstaunt zu fragen:
Ist’s möglich, Gottessohn!
Dass Du solch eine Made
Erhöhst zu Deiner Gnade,
Und gar zu Deiner Arbeit Lohn?
Ja, ja, ich muss bekennen:
So wenig ich zu nennen,
So bin ich’s doch einmal;
Ich bin im Blute reine,
Und finde mich als Deine
Im Buch der heil’gen Gnadenwahl!
Manch Jahr ist schon verflossen,
Seitdem ich Dich genossen,
Und doch bin ich nicht satt:
Ich hungre nach viel Herzen
Zum Lohn für Deine Schmerzen;
Mein Sinn und Fuß ist noch nicht matt!
Ich soll auf dieser Erden
Dein ganzes Opfer werden,
Und Deine Freude sein;
Ich soll Dir lieblich grünen,
Und Dir auch fröhlich dienen,
Du König Deiner Kreuzgemein‘!
Sei mir zu diesem Ende
Ein Salböl auf die Hände
Ein Balsam auf mein Haupt,
Ein Segen für mein Herze,
Die Flamme meiner Kerze,
So lange bis ich ausgeglaubt!
Von meinen Lebensjahren
Wollst Du so viele sparen,
Als Du von Ewigkeit
Zu meinem Ziel weißt nötig;
Ich bin dabei erbötig,
Zu tun, was Deine Treu‘ verleiht.
Gib mir und dem Geschwister,
Dass Du in Ein Register (Luk. 10,20.)
Mit mir hinein verfasst,
Im Kleinen solche Triebe,
Wie Du, dreiein’ge Liebe,
Sie ewiglich im Ganzen hast!
(Auf der See im Texel, 1738.)