Herman, Nikolaus – Am sechszehnten Sonntag nach Trinitatis.

Lucä 17.

Ein Wittfrau hat ein eingen Sohn,
Der war ihr Trost, ihr Freud und Wonn,
Der starb in seiner besten Blüt,
Sein Mutter wird herzlich betrübt.

2. Mit Jammer, weh und Herzenleid
Gab sie zum Grab ihm das Geleit;
Wie man zum Tor austrug die Bahr,
Kam Christus mit sein Jüngern dar.

3. Da er das Weib so weinen sah,
Jammerts ihn sehr, und zu ihr sprach:
Hör auf zu weinen und schweig still,
Dein Sohn ich dir aufwecken will.

4. Die Träger hieß er stille stahn,
Ging hin zur Bahr und rührt sie an,
Von Stund an wurd der Tod gewahr,
Dass sein Herr da vorhanden war.

5. Es erhub sich ein groß Gedräng,
Das Tor wollt werden gar zu eng,
Der Tod wollt raus, das Leben h’nein,
Ein Jeder wollt der stärkste sein.

6. Da aber Christ sprach nur ein Wort,
Da wich der Tod, und musst bald fort,
Den Jüngling hieß der Herr aufstehn,
Bald musst der Tod ihn lassen gehn.

7. Es war ein Starker vor der Hand,
Derselb zerreißt des Todes Band,
Der Jüngling sich bald auf der Bahr
Aufricht und wieder lebend war.

8. Zu reden auch fing an der Knab,
Christ der Mutter ihn wieder gab,
Da wurd ihr Weinen und Herzleid
Verkehrt in eitel Wonn und Freud.

9. Des entsetzt sich die ganze Schaar,
Die nachgefolget hat der Bahr,
Und preisten Gott in Ewigkeit,
Und rühmten sein Barmherzigkeit.

10. Am jüngsten Tag werdn wir dergleich
Vom Tod erweckt zum ewign Reich,
Das ist der Christen Freud und Trost,
Dass sie vom Tod Christ hat erlöst,

Gebet.

Herr Christ, lass dir‘ befohlen sein
All Witwen und auch Waiselein;
Wenn sie oft leiden Gwalt und Not,
So schütz du sie, o gütiger Gott.

Amen.