Arnold, Gottfried – Um Christi innere Anschauung.

O Lebensquell!
Zeig‘ uns dein Angesicht,
So wie mein Geist im Licht
Dich selbst verlangt zu sehen,
Dass seiner Liebe Macht,
Von Allen losgemacht,
Zu Dir gekehrt mag stehen!
Zeig‘ mir deine Kreuzgestalt,
Das Ersterben deiner Sinnen,
Dass ich deine Demut halt,
Und Geduld kann liebgewinnen,
Wenn ich mich an’s Kreuze stell‘,
O Lebensquell!

O Lebenslicht!
lass deines Todes Pein
Und Schmerzen meine sein,
Mit Dir sie zu empfinden,
Aus meines Vaters Haus
Vor’s Lager geh’n hinaus,
Die rechte Schmach zu finden,
Statt der Ehre williglich
Sie zu tragen und zu leiden,
Dass dein Tod mich kräftiglich
Von den Lüsten möge scheiden.
Zeig‘ dein leidend Angesicht,
Du helles licht;

O Lebenskraft!
Zeig‘ deiner Weisheit Glanz,
Dich zu erkennen ganz,
Wie Du mich hast erkennet,
Ja, wie Du mich gefasst,
Mich stark umfangen hast,
Und mich dein Kind genennet:
So ergreift mein Geist Dich auch,
Bis Gerechtigkeit und Leben
Dienet mir zum steten Brauch,
Wesentlich in Dir gegeben!
Was dein Gottesleben schafft,
Sei meine Kraft!

O höchstes Gut,
Richt meinen Geist und Sinn
Auf Dich, das Kleinod, hin,
Ihm ferner nachzugehen!
Ich will nur Dich in Dir
Ohn‘ dunkel Wort in mir
Erhöht und leuchtend sehen.
Gott in Gott muss meine sein,
Gott in Gott sei meine Liebe,
Dass in Ihm ich hell und rein
Ihn zu schau’n mich selig übe,
Bis mein Geist und Wesen ruht
Im höchsten Gut!