Pfeil, Christian Karl Ludwig von – O Land, Land, Land, wach auf

1.) O Land, Land, Land, wach auf,
Es steigt ein groß‘ Geschrei
Von dir zu Gott hinauf,
Ein Ruf von mancherlei
So schwerer und gehäufter Schuld,
Verachtung göttlicher Geduld,
Und dass die Zahl der Frommen
In dir so abgenommen.

2.) Meinst du, Gott sehe nicht?
Was hilft dir dieser Wahn,
Wenn er dir zum Gericht
Herniederfahren kann?
Wenn es die Engel Gottes sehn
Und was für Gräu’l in dir geschehn,
Den andern heil’gen Scharen
Im Himmel offenbaren?

3.) Weh dir, wenn du so sehr
Verstockt in deiner Sünd‘,
Dass ob dir nimmermehr
Im Himmel Freud‘ entstünd‘,
Wenn Hoffahrt, Vollauf in der Hand
Bei gutem Frieden in dem Land,
Geiz, Wollust unermessen
Wie Sodom dich besessen.

4.) Schau deine Schwester an:
So ging es in ihr zu,
Als Gott sie ausgetan,
Was aber machest du?
Du machst sie fromm noch neben dir,
Drum wird an jenem Tag es ihr
Erträglicher ergehen,
Als dir dort wird geschehen!

5.) Denn wär‘ in Sodom dies
Durch Jesum Christ geschehen,
Was wir von ihm gewiss
Gehöret und gesehen,
Es hätte drinnen jedermann
In Sack und Asche Buß‘ getan:
Wer ist, der dieses höre
und sich nicht heut‘ bekehre?

6.) Wer beten darf und kann,
Bleib stehen vor dem Herrn,
Denn sein Gericht bricht an,
Doch strafet er nicht gern.
Sein Herz ist zart und wird vielleicht
Durch Bitten diesmal noch erweicht,
Wenn Fromme sich gesellen
Und vor den Riss sich stellen.