Dein Mittler kommt, auf! blöde Seele,
Die Moses Fluch und Donner schreckt,
Die in der bangen Trauerhöhle
In Fesseln trüber Schwermuth steckt:
Der Fluch vergeht, die Bande springen,
Es reißen Satans feste Schlingen,
Die den befangnen Geist beklemmt:
Du kannst nun Heil und Freiheit hoffen,
Gott ist versöhnt, sein Schloß steht offen
Dein gnadenvoller Mittler kommt.
Dein Lehrer kommt, laß deine Ohren
Auf sein Mund gerichtet sein;
Er zeigt den Weg, den du verloren,
Er flößt dir Licht und Wahrheit ein:
Was unter dunkeln Schatten stecket,
Das hat dir dein Prophet entdecket,
Er hat das Reich der Nacht gehemmt;
Er klärt dir auf des Vaters Willen,
Er giebt dir Kraft, ihn zu erfüllen:
Dein weisheitreicher Lehrer kommt.
Dein König kommt, doch ohne Prangen;
Sein Aufzug ist an Armuth reich;
Auf! deinen Fürsten zu empfangen,
Der dir an tiefster Schwachheit gleich:
Komm, Hand und Scepter dem zu küssen,
Der dich wird so zu schützen wissen,
Daß dich kein Angststrom überschwemmt;
Thu wie getreue Unterthanen,
Komm her und schwör bei seinen Fahnen:
Dein längst verlangter König kommt.
Dein Alles kommt, dich zu ergötzen;
Dein höchstes Gut ist vor der Thür;
Wer dieses Gut weiß recht zu schätzen,
Vertauschet gern die Welt dafür:
So greif denn zu mit beiden Händen,
Da dich, o Geist, von allen Enden
Der Gnaden Fülle überschwemmt.
Nimm weg den Damm, thu auf die Thüren,
Laß dich zu nehmen willig spüren:
O armes Nichts, dein Alles kommt.
Evangelische Liederfreude
von Ferdinand Bäßler
Berlin, 1853.
Verlag der Deckerschen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei