Gerhardt, Paul – Nicht so traurig, nicht so sehr

1. Nicht so traurig, nicht so sehr,
Meine Seele, sei betrübt,
Daß dir Gott Glück, Gut und Ehr
Nicht so viel wie andern gibt.
Nimm verlieb mit deinem Gott.
Hast du Gott, so hat’s nicht Not.

2. Du noch einzig Menschenkind
Habt ein Recht in dieser Welt;
Alle, die geschaffen sind,
Sind nur Gäst im fremden Zelt.
Gott ist Herr in seinem Haus,
Wie Er will, so teilt Er aus.

3. Bist du doch darum nicht hier,
Daß du Erden haben sollt,
Schau den Himmel über dir,
Da, da ist dein edles Gold,
Da ist Ehre, da ist Freud,
Freud ohn End, Ehr ohne Neid.

4. Der ist alber, der sich kränkt
Um ein Hand voll Eitelkeit,
Wann ihm Gott dargegen schenkt
Schätze der beständgen Zeit
Bleibt der Zentner dein Gewinn,
Fahr der Heller immer hin!

5. Schaue alle Güter an,
Die dein Herz für Güter hält,
Keines mit dir gehen kann,
Wann du gehest aus der Welt;
Alles bleibet hinter dir,
Wann du trittst in’s Grabes Tür.

6. Aber was die Seele nährt,
Gottes Huld und Christi Blut,
Wird von keiner Zeit verzehrt,
Ist und bleibet allzeit gut;
Erdengut zerfällt und bricht,
Seelengut, das schwindet nicht.

7. Ach, wie bist du doch so blind
Und im Denken unbedacht!
Augen hast du, Menschenkind,
Und hast doch noch nie betracht‘
Deiner Augen helles Glas:
Siehe, welch ein Schatz ist das!

8. Zähle deine Finger her
Und der andern Glieder Zahl;
Keins ist, das dir unwert wär,
Ehrst und liebst sie allzumal;
Keines gäbst du weg um Gold,
Wann man dir’s abnehmen wollt.

9. Nun, so gehe in den Grund
Deines Herzens, das dich lehrt,
Wie viel Gutes alle Stund
Dir von oben wird beschert.
Du hast mehr als Sand am Meer
Und willst doch noch immer mehr.

10. Wüßte, der im Himmel lebt,
Daß dir wäre nütz und gut,
Wornach so begierlich strebt
Dein verblendtes Fleisch und Blut,
Würde seine Frömmigkeit
Dich nicht lassen unerfreut.

11. Gott ist deiner Liebe voll
Und von ganzem Herzen treu;
Wann du wünschest, prüft Er wohl,
Wie dein Wunsch beschaffen sei:
Ist dir’s gut, so geht Er’s ein,
Ist’s dein Schade, spricht Er: Nein.

12. Unterdessen trägt sein Geist
Dir in deines Herzens Haus
Manna, das die Engel speist,
Ziert und schmückt es herrlich aus,
Ja erwählet, dir zum Heil,
Dich zu seinem Gut und Teil.

13. Ei, so richte dich empor,
Du betrübtes Angesicht,
Laß das Seufzen, nimm hervor
Deines Glaubens Freudenlicht;
Das behalt, wann dich die Nacht
Deines Kummers traurig macht.

14. Setze, als ein Himmelssohn,
Deinem Willen Maß und Ziel;
Rühre stets vor Gottes Thron
Deines Dankens Saitenspiel,
Weil dir schon gegeben ist
Mehres, als du würdig bist.

15. Führe deines Lebens Lauf
Allzeit Gottes eingedenk.
Wie es kömmt, nimm alles auf
Als ein wohlbedacht Geschenk.
Geht dir’s widrig, laß es gehn,
Gott und Himmel bleibt dir stehn.

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