Nikolaus Freiherr von Zinzendorf – Wer den Herren Jesum

Wer den Herren Jesum
Nicht recht innig liebet,
Und doch zu verstehen giebet,
Dass er’s Kreuz erwählet,
Und ein Christe heißet,
Und mit guten Werken gleißet:
Solcher Mann
Ist im Bann,
Und hat Fluch und Wehe
Ordentlich zur Ehe.

2. Wer den Heiland liebet,
und für’s Haupt erkennet,
Und sich Glied am Leibe nennet,
Und will sich entziehen,
Wenn das Haupt sich reget,
Und den Leib ihm nach beweget:
Der verdirbt
Und er stirbt,
Wie die dürren Blätter
Bei dem rauhen Wetter.

3. Sollen und nicht wollen,
Das ist eine Schande
In dem ew’gen Vaterlande.
Will man ehrlich bleiben,
Und vor Gottes Herden
Nicht ein böser Bube werden,
Muss man sich
Lediglich
Dem zum Knecht ergeben,
Dem sie Alle leben.

4. Spricht ein Ton zum Töpfer:
Was willst du für Sachen
Aus mir oder mit mir machen?
So verwirrt ist eines,
Das sich nicht geschaffen,
Und doch will in’s Weite gaffen,
Oder nur
Von der Spur,
Die zum Ziel soll führen,
Nebenaus spazieren.

5. Darum war der Juden
Heilige Regierung
Und noch so beglückte Führung
Nur ein prächtig’s Elend,
Ein gelehrter Jammer
Und geschmückte Marterkammer,
Weil man da
Doch nichts sah,
Als ein ewigs Sollen
Ohne Kraft und Wollen.

6. Aber unsre Schule
Bei dem liebsten Meister
Ist ein Glück für edle Geister.
Was er uns befiehlet,
Das sind lauter Sachen,
Die man gerne wollte machen,
Und die man
Machen kann.
Drum ist nichts so heiter,
Als ein Jesus-Streiter.

7. Wir sind keine Sklaven,
Sondern freie Diener
Von dem blutigen Versühner,
Der uns zwingen könnte,
Und nicht will vor Liebe,
Sondern fordert Herzenstriebe.
Aber dies
Ist gewiß:
Seiner Liebe Dringen
Kann am besten zwingen.

8. Geht dann wohlgemut,
Wollt und könnt in Allem,
Was dem Lamme wird gefallen,
Und zu allem Andern
Seid durchaus nicht tüchtig;
Haltet eure Gnade wichtig;
Geht im Sinn
Christi hin
Auf dem Gnadenpfade,
Munter und gerade.