1) Du hast ja dieses meiner Seele,
O Herr, gleich anfangs eingesenkt,
Dass sie in dieser Leibeshöhle
Nach was Unendlichem sich lenkt!
Sie sucht und wünschet immerzu
Und findet nirgends ihre Ruh‘.
2) Gerechter Gott, wie hat die Sünde
Mir doch das Ziel so sehr verrückt,
Dass ich in weiter Welt nichts finde,1Dass ich nunmehro gar nichts finde
Was meine Seele recht erquickt.
In dir allein ist wahre Ruh‘,2In dir alleine ist die ruh
Bring, Herr, mein armes Herz dazu!3Hilf, dass mein Herze komm darzu.
3) Ach, mache von den Eitelkeiten
Der Welt, o Herr, mich ganz befreit,
Und ziehe mich von allen Seiten
Zurück von der Vergänglichkeit,
Damit ich durch solch‘ Stillesein
Zur wahren Ruhe kehre ein!
4) Zieh mich, o Vater, zu dem Sohne,
Sonst bin ich ein verloren‘ Kind.
Dass er durch Glauben in mir wohne4Dass er im Glauben mich bewohne
Und ich in ihm die Ruhe find‘.
Denn durch den Glauben ist er mein,
Und durch den Glauben werd‘ ich sein.5Und ich bin durch den Glauben sein
5) All anders ist für nichts zu schätzen,6Sonst alles ist vor nichts zu schätzen
Es mag auch heißen, wie es will:
Pracht, Reichtum kann mich nicht ergötzen,
Noch meine Seele machen still.
Was Kinder dieser Welt erfreut,
Bringt Gottes Kindern Traurigkeit.
6) Geehrt sich sehn in Menschenaugen7Geehret sein in Menschenaugen
Und ihrer Gunst versichert sein,
Kann nichts an meinem Ende taugen,
Im Leben ist’s ein bloßer Schein.
Drum lass mich, Jesu, diese Zeit
Anwenden für die Ewigkeit.
7) Lass nur mich nach der Ehre trachten,8Lass mich nach dieser Ehre trachten
Dass ich dir wohlgefällig sei,9Dass ich nur dir gefällig sei
Und lerne diese Welt verachten,
Die nichts ja hat als Täuscherei.
Wer aber dir, o Gott, gefällt,
des‘ Ruhm ist ewig festgestellt.10Der hat das beste Teil erwählt
8) Wie wird mich aller Reichtum trösten,
Wenn ich die Welt verlassen soll?
Und hätte ich des Allerbesten
Gleich alle meine Habe voll:
So ist doch das nur mein Gewinn,11Dargegen dein getreuer Sinn
Wenn ich in deiner Liebe bin.12Is mir der seligste Gewinn.
9) Drum lass mich dich allein behalten,
O Herr, mein allerhöchstes Gut!
O Jesu, wenn ich soll erkalten,
So stärke meinen blöden Mut
Und rede meiner Seele zu:
Komm, gehe ein in deine Ruh‘.
Anmerkungen aus dem Würtembergischen Gesang-Buch von 1745 – hier ohne Autor
im Evangelischen Liederschatz von Albert Knapp ist G. W. Tafinger als Autor genannt, In anderen Quellen Johann Ulrich Frommann
Quelltext z. T. aus dem Gesangbuch der Evangelische Kirche, herausgegeben von der Deutschen Evangelischen Synode von Nord-Amerika, 1908