Albert Zeller – Ich habs gewagt und will es wagen,

Ich habs gewagt und will es wagen,
Ich hab gebaut auf Gottes Treu;
Was auch die Welt mag tun und sagen,
Ich werd es wagen stets aufs Neu;
Ich will aufs Unsichtbare schauen
Was sichtbar ist, das muss vergehn:
Ich will aufs Unsichtbare bauen,
Und meinen Heiland werd ich sehn.

Das Jenseits liegt in uns verborgen;
Er lebt in jedem Herzensschlag,
Im eignen Geiste glüht sein Morgen,
Im eignen Geiste strahlt sein Tag.
Wie in dem Himmel so auf Erden
Des Vaters Wille ja geschehn:
Wie soll dies Wort erfüllet werden,
Wenn wir nicht hier im Ewgen stehn?

Ja mitten in dem Strom der Zeiten
Stehn wir auf diesem Felsengrund!
Was suchen wir in allen Weiten,
Was uns verkündet jede Stund?
Solch himmlisch Maß von Licht und Gnaden
Schmückt unser armes Leben hier,
Und alle sind wir eingeladen
Und dennoch stehn und zaudern wir!

Es gehen frohe Lebensboten
Von einem zu dem andern Land;
Wir aber reden noch von Toten
In unsrem irdschen Unverstand,
Und fühlen nicht in Leid und Grämen,
Dass nur die Kette hier zerreißt,
Indes in ungemessnen Strömen
Ein Dasein in das andre fleußt.

Wie Mann und Weib in Eins verbunden
Nach Gottes Rat durchs Leben gehn,
So will der Mann der Opferwunden
Getreu bei der Gemeine stehn;
Er will sie nähren, zieren, pflegen,
Wie nur der Mann sein liebend Weib;
Er will als Haupt die Glieder regen,
Und sie bewahrn als seinen Leib.

Hat sich in einem seiner Worte
Der Herr zu größrer Lieb bekannt?
Geöffnet ist des Himmels Pforte
Und das Geheimnis klar genannt.
O benedeite Menschenseele,
Die dieses Rätsels Reichtum fasst,
Und, was es uns auch noch verhehle,
Trägt willig ihres Kreuzes Last!

Ein selig Band hält uns umschlungen,
Die wir noch hier im Zwielicht gehn,
Und die zum Schauen durchgedrungen
Vor Gottes Strahlenthrone stehn,
Bis wir im Glauben und Erkennen
Hinan zu Einer Kraft gediehn,
Und im geheimnisvollen Trennen
Die letzten Erdenwolken fliehn.