O Sonne! die aufs Nied’re sieht:
Da singt ein armer Staub,
Den Deine Kraft allmächtig zieht: (Luk. 19, 40.)
„Ich rede, denn ich glaub‘!“
Zuerst gesteh‘ ich ohne Scheu,
Jedoch nicht ohne Scham,
Dass ich vom Licht ergriffen sei,
Das auf die Erde kam.
Ich weiß die angenehme Zeit,
Da mir die Gnad‘ erschien;
Da Jesus rief, war ich bereit,
Mit diesem Mann zu zieh’n.
Doch, wie es zu geschehen pflegt,
Die Seele macht sich schwer,
Wenn Er sie auf die Achseln legt:
So ging’s hier eben her.
Der Heiland nahm mich, wie ich war,
Als einen toten Mann,
Bei meiner Seele Tod’sgefahr
Zu Seiner Pflegung an.
Ich bat um Hilfe; da Er nun
Mit Seiner Hilfe kam:
So scheute ich das Wehetun,
Und war den Mitteln gram.
So müht sich unser HErr mit mir
Nun schon gar lange Zeit:
Und hat noch wenig Ehr‘ und Zier
Für Seine Emsigkeit.
Ihr Töchter Salems! seht mich an,
Ob ich Gespielin sei?
Nun ist mein Schleier weggetan,
Nun ist das Herze frei!
Ach, helft mir bitten, was ihr könnt,
Ihr Freunde, helfet mir!
Dass, da mein Herz von Jesu brennt,
Mein Tun die Lehre zier‘.
Was hör‘ ich? Stimmen aus dem Chor,
Da Christus herrscht und ruht:
Sie singen mir gar lieblich vor:
„Auf, Seele, wohlgemut!
Der König, unser Seelenfreund,
Hat einen solchen Trieb,
Der’s redlich mit uns Allen meint,
Und hat dich herzlich lieb!
So lange man auf Erden ist,
So lange wird gebaut:
Zuletzt kriegt dennoch Jesus Christ
Ein reines Herz zur Braut!
Nur merke dir, mein Herz, dies Wort:
Wenn Jesus winkt, so geh‘;
Wenn Jesus zieht, so eile fort;
Wenn Jesus hält, so steh‘!
Wenn Er dich lobet, beuge dich;
Wenn Er dich liebt, so ruh‘:
Wenn Er dich aber schilt, so sprich:
Ich brauch’s, HErr, schlage zu!
Wenn Jesus Seine Gnadenzeit
Bald hie, bald da verklärt:
So freu‘ dich der Barmherzigkeit,
Die Andern widerfährt!
Wenn er dich aber brauchen will,
So steig‘ in Kraft empor!
Wird dein getreuer Führer still,
So nimm du auch Nichts vor.
Kurz: dein und unser Aller Herz
Sei von dem Tage an
Bei Schmach, bei Mangel und bei Schmerz
Dem Lamme zugetan!“
Gelobet sei der Liebesbund!
Der stürze Babel hin,
Und brauche unsern Geist und Mund
Der Einfalt zum Gewinn.
(1727.)