Gellert, Christian Fürchtegott – Ich komme vor dein Angesicht,

Ich komme vor dein Angesicht,
Verwirf, o Gott, mein Flehen nicht;
Vergib mir alle meine Schuld,
Du Gott der Gnaden und Geduld.

Schaff du ein reines Herz in mir,
Ein Herz voll Lieb und Furcht zu dir,
Ein Herz voll Demut, Preis und Dank,
Ein ruhig Herz mein Lebenlang.

Sei mein Beschützer in Gefahr;
Ich harre deiner immerdar.
Ist wohl ein Übel, das mich schreckt,
Wenn deine Rechte mich bedeckt?

Ich bin ja, Herr, in deiner Hand.
Von dir empfing ich den Verstand;
Erhalt ihn mir, o Herr! mein Hort,
Und stärk ihn durch dein göttlich Wort.

Laß, deines Namens mich zu freun,
Ihn stets vor meinen Augen sein.
Laß, meines Glaubens mich zu freun,
Ihn stets durch Liebe tätig sein.

Das ist mein Glück, was du mich lehrst.
Das sei mein Glück, daß ich zuerst
Nach deinem Reiche tracht, und treu
In allen meinen Pflichten sei!

Ich bin zu schwach aus eigner Kraft
Zum Siege meiner Leidenschaft;
Du aber ziehst mit Kraft mich an,
Daß ich den Sieg erlangen kann.

Gib von den Gütern dieser Welt
Mir, Herr, so viel, als dir gefällt;
Gib deinem Knecht ein mäßig Teil,
Zu seinem Fleiße Glück und Heil.

Schenkt deine Hand mir Überfluß:
So laß mich mäßig im Genuß,
Und, dürftge Brüder zu erfreun,
Mich einen frohen Geber sein.

Gib mir Gesundheit, und verleih,
Daß ich sie nütz, und dankbar sei,
Und nie, aus Liebe gegen sie,
Mich zaghaft einer Pflicht entzieh.

Erwecke mir stets einen Freund,
Der’s treu mit meiner Wohlfahrt meint,
Mit mir in deiner Furcht sich übt,
Mir Rat und Trost und Beispiel gibt.

Bestimmst du mir ein längres Ziel,
Und werden meiner Tage viel:
So laß, Gott, meine Zuversicht,
Verlaß mich auch im Alter nicht.

Und wird sich einst mein Ende nahn:
So nimm dich meiner herzlich an,
Und sei durch Christum, deinen Sohn,
Mein Schirm, mein Schild und großer Lohn!