Philipp Friedrich Hiller. – Wir müssen alle offenbar werden.

Die Welt kommt einst zusammen
Im Glanz der ewgen Flammen
Vor Christi Richterthron;
Dann muss sich offenbaren,
Wer die und jene waren,
Sie kennt und prüft des Menschen Sohn.
Der Gräu’l in Finsternissen,
Das Brandmal im Gewissen,
Die Hand, die blutvoll war,
Das Aug voll Ehebrüche,
Das frevle Maul voll Flüche,
Das Herz des Schalks wird offenbar.

Das Flehn der armen Sünder,
Das Tun der Gotteskinder,
Die Hand, die milde war,
Das Aug voll edler Zähren,
Der Mund voll Lob und Lehren,
Des Christen Herz wird offenbar.
Wo wird man sich verstecken?
Was will die Blöße decken?
Wer schminkt sich da geschwind?

Wen kann die Lüge schützen?
Was wird ein Weltruhm nützen?
Da sind wir alle, wie wir sind.
Herr, diese Offenbarung
Drück du mir zur Bewahrung
Beständig in den Sinn,
Dass ich auf das nur sehe,
Ich gehe oder stehe,
Wie ich vor deinen Augen bin.