Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Die Herrlichkeit der Erlösung.

Das Buch der göttlichen Gericht und Rechte
Steht Niemand offen, als dem weisen Knechte,

Dem, der als Gott im Rate mitgesessen,
Als man der Menschen Elend ausgemessen;

Und Nichts, das Gott genug war, ausgefunden,
So dass die Hoffnung auf Ersatz verschwunden,

Bis jener hohe Rat in Gottes Throne,
Der Vorsatz in dem eingebornen Sohne,

Nach seiner tiefen Einsicht ausgefunden
Das herrliche Verdienst der Todeswunden,

Wenn man sie einem Menschensohne schlüge,
Der Nichts, als eine fremde Last ertrüge,

Und der mit Gott doch auch in Gleichheit wäre:
Gott, gleichen Wesens, und Gott, gleicher Ehre;

Damit der Abgrund der Barmherzigkeiten
Den Sieg von dem Gerichte könnt erstreiten.

Das hat der Sohn, der große Sohn verstanden,
Und zwar allein in allen Gotteslanden.

Anstatt dass wir Verlor’ne so was wüssten,
Blieb’s bei den Engeln selber ein Gelüsten. (1. Ptr. 1,12.)

Und Gott wollt ihnen erst Gemeinen bauen,
Darin das große Wunder zu beschauen. (Eph. 3,10.)

Er hat sich alsobald dazu erboten,
Das Leben zu erneuern in den Toten,

Zu bringen Gnad‘ und Rettung den Verfluchten,
Die, eh‘ Er sie besucht, Ihn niemals suchten,

Und die Ihm heute noch die Ehre rauben,
Statt dankerfüllt an Sein Verdienst zu glauben.

Er lässet sich von Millionen schmähen,
Die Seine Treu‘ und Liebe nicht verstehen,

Und senkt sich in die Menschheit gern hernieder,
Und bringt dadurch die ganze Menschheit wieder;

So dass kein Menschenkind, um von dem Bösen
Befreit zu sein, bedarf ein neu Erlösen.

Die Rechnung, womit Satan einst geprahlet,
Ist ihm an Jesu Kreuze ganz bezahlet,

Getilget und vernichtet und entkräftet,
Mit dem Gekreuzigten an’s Kreuz geheftet.

Was ist’s nun Wunder, dass dem Lamm gegeben,
Für seine Marter ewiglich zu leben?

Und nun zum Lohne des erworb’nen Heiles,
Die Menschen hinzunehmen Seines Teiles,

Nicht, weil er Gottes Sohn von Ewigkeiten,
Nein, weil er Fleisch geworden in den Zeiten!

Drum brennen sieben Fackeln vor dem Throne,
Wann einst die Erde stürzt im Donnertone;

Wann vor Ihm fliehen alle Himmelslichter,
Vor Ihm, der Toten und Lebend’gen Richter;

Und das: weil Er, den Seelen zum Genesen,
So lange Zeit ein armer Mensch gewesen;

Weil Ihn die Glut des Feuerzorns getaufet,
Als Er mit Seinem Blut die Welt erkaufet.

Ja, weil von Ihm der Todesschweiß geflossen,
Ist Ihm das Lebensbuch nun aufgeschlossen,

Das allen Menschen und dem Himmelsheere
Sonst ein versiegelt Buch geblieben wäre.

Es stehet nun in diesem Buche drinne
So manch Gericht, bestimmt vom Anbeginne,

So manch Geheimnis, das stets zugewesen,
Bis Jesu Blick es hell heraus gelesen.

Nimm’s, Lamm! und lies dem Vater alle Namen.
Von dem Dir ewig zugedachten Samen,

Und lies uns unter diesen selgen Scharen!
Dann lassen wir all‘ andre Dinge fahren,

Bis jedes Herz das große Wort gefunden:
„Die Himmel drehen sich um Jesu Wunden!“