„Ein schön geistlich lied zuo Gminden gemacht in großer triebsal.“
Im ton: Ich stuond an einem morgen.
1 Kürzlich hab ich mich bsunnen
in meines herzens grund,
daß ich mit meinem munde
mein briedern mache kund,
wie alle welt ietz toben tuot
wider die gottes knechte;
man raubt inen leib und guot!
2 Got tet auß gnaden sechen
auf aller menschen kind;
groß lob wir im verjechen:
wir waren alle blind,
sein heiligs wort er zu uns sandt;
dem solen wir auch glauben,
ablegen allen tant.
3 Das wort teten bekenen
vil leit in deutschem land,
liesen sich christen nenen,
vermainten, ir sind und schand
sol inen unverwisen sein,
es wär gnug an den worten;
sie fierten ein guten schein.
4 Darnach tet es sich siegen,
da es Gott daucht rechte zeit,
sein wort kan nit betriegen,
wie Esaias schreibt,
es tut sein werk vollenden schon,
nit lär es wider keret,
es fiert auf rechte ban,
5 last nit zu schanden werden,
die herzlich trauen drauf,
die man auf diser erden
schmechet mit dem widertauf,
als ob sie wären gefallen ab,
von Gott abtrinig worden,
bekert zum Belial.
6 Die doch von herzen begeren,
was Gott geboten hat,
und mit der tat bewären,
o vil Gott sein gnad zu lat,
mießen ietz wiedertaufer sein!
O Gott, tu uns erretten,
die sach ist ainig dein!
7 Willig tun sie verzeichen
von herzen iederman,
den armen sie gern leichen
und hoffen nicht darvon;
füer ire feind sie bitten tun,
das hab ich wol gesechen,
in ires todes stund.
8 Kürzlich ist es geschechen,
daß man sie bewäret hat,
iren glauben hat man gsechen
zuo Gmindt wol in der stat;
ob wol der feind sucht manchen list,
daß er sie möcht ab fueren,
im nit gelungen ist.
9 Einen knaben teten sie fachen,
der was umb sechzechen jar,
mit im den turen machten,
ist kund und offenbar,
daß er darinen gelegen ist
ganz hörtiglich gefangen
gar nachent ein jares frist.
10 Noch blib er unbeweget,
als oft man zuo im kam.
Zuo im wurden geleget
noch andere sechs christen man,
gefangen umb ir leben frei;
den herren teten sie loben –
der ist in gstanden bei.
11 Als es nun zeit ist gwesen,
auß diser welt zuo gan,
hat man inen vorglesen,
ob sie darvon wolten stan;
so sollten sie unbekumert sein,
zuo iren weib und kinden
widerumb keren haim.
12 Frölich teten sie jechen
zuo iren feinden gschwind:
„Wir haben Gott ergeben,
weib und auch unser kind;
der selbig sie wol erneren kan,
des haben wir kein zweifel,
wir wollen willig dran.“
13 Es kam auch her geritten
zuom knaben in den ring
ein edler, tet in bitten
und sprach: „Mein liebes kind,
ste du von disem irtumb ab,
ein pfriend wil ich dir geben
und dich allweg bei mir han.“
14 „Solt ich mein leben lieben,
und Gott darumb verlan,
auß disem creuz mich schieben?
es stuond mir übel an.
Dein guot uns beiten nit helfen mag;
ich wil eins bößern warten,“
sprach der jung unverzagt.
15 „In meines vaters reiche,
der mich erwelet hat,
werden all ding wol gleiche,
darumb so laß darvon!
der mich all zeit erhalten hat;
dem wil ich ghorsam laisten
ietz in der letzsten not.
16 „Zuo dem wir sollen schreien
auß unsers herzens grund,
daß er uns gnad verleiche,
wan es nun darzuo kumbt,
ja wan wir solten schaiden ab,
daß wir von im nit weichen,
erlangen die ewig kron.“
17 In dem wart angefangen
von trumen ein groß getön.
mit spießen und mit stangen
war es ein großes hör;
dem vater aufgeopfert ward
das bluot seiner gerechten,
wie ers verortnet hat.
18 Das alles ist ergangen,
das sag ich euch fir war,
da man hat angefangen
zelen ain und dreißig jar
und auch finfzechen hundert damit,
nach gepurt Christi des herren,
der halt uns in seinem frid!