1. Geduld ist euch vonnöten,
Wann Sorge, Gram und Leid,
Und was euch mehr will töten,
Euch in das Herze schneidt,
O auserwählte Zahl!
Soll euch kein Tod nicht töten,
Ist euch Geduld vonnöten,
Das sag ich noch einmal.
2. Geduld ist Fleisch und Blute
Ein herb‘ und bitt’res Kraut;
Wann unsers Kreuzes Rute
Uns nur ein wenig draut,
Erschrickt der zarte Sinn:
Im Glück ist er verwegen,
Kömmt aber Sturm und Regen,
Fällt Herz und Mut dahin.
3. Geduld ist schwer zu leiden,
Dieweil wir irdisch seind
Und stets in lautern Freuden
Bei Gott zu sein vermeint,
Der doch sich klar erklärt:
Ich strafe, die ich liebe,
Und die ich hoch betrübe,
Die halt ich hoch und wert.
4. Geduld ist Gottes Gabe
Und seines Geistes Gut;
Der zeucht und löst uns abe,
Sobald er in uns ruht.
Der edle, werte Gast
Erlöst uns von dem Zagen
Und hilft uns treulich tragen
Die große Bürd und Last.
5. Geduld kömmt aus dem Glauben
Und hängt an Gottes Wort;
Das läßt sie ihr nicht rauben,
Das ist ihr Heil und Hort.
Das ist ihr hoher Wall,
Da hält sie sich verborgen,
Läßt Gott den Vater sorgen
Und fürchtet keinen Fall.
6. Geduld setzt ihr Vertrauen
Auf Christi Tod und Schmerz;
Macht Satan ihr ein Grauen,
So faßt sie hier ein Herz
Und spricht: Zürn immerhin,
Du wirst mich doch nicht fressen,
Ich bin zu hoch gesessen,
Weil ich in Christo bin!
7. Geduld ist wohl zufrieden
Mit Gottes weisen Rat,
Läßt sich nicht leicht ermüden
Durch Aufschub seiner Gnad,
Hält frisch und fröhlich aus,
Läßt sich getrost beschweren
Und denkt: Wer will’s Ihm wehren?
Ist Er doch Herr im Haus.
8. Geduld kann lange warten,
Vertreibt die lange Weil
In Gottes schönen Garten,
Durchsucht zu ihrem Heil
Den Paradies der Schrift
Und schützt sich früh und späte
Mit eifrigem Gebete
Für Satans List und Gift.
9. Geduld tut Gottes Willen,
Erfüllet sein Gebot
Und weiß sich fein zu stillen
In aller Feinde Spott.
Es lache, wem’s beliebt:
Wird sie doch nicht zu Schanden,
Es ist bei ihr verhanden
Ein Herz, das nichts drauf gibt.
10. Geduld dient Gott zu Ehren
Und läßt sich nimmermehr
Von seiner Liebe kehren;
Und schlüg Er noch so sehr,
So ist sie doch bedacht,
Sein heil’ge Hand zu loben,
Spricht: Gott, der hoch erhoben,
Hat alles wohl gemacht.
11. Geduld erhält das Leben,
Vermehrt der Jahre Zahl,
Vertreibt und dämpft darneben
Manch Angst und Herzensqual;
Ist wie ein schönes Licht,
Darvon, wer an ihr hanget,
Mit Gottes Hülf erlanget
Ein fröhlichs Angesicht.
12. Geduld macht große Freude,
Bringt aus dem Himmelsthron
Ein schönes Halsgeschmeide,
Dem Häupt ein edle Kron
Und königlichen Hut;
Stillt die betrübten Tränen
Und füllt das heiße Sehnen
Mit rechtem guten Gut.
13. Geduld ist mein Verlangen
Und meines Herzens Lust,
Nach der ich oft gegangen:
Das ist dir wohl bewußt,
Herr voller Gnad und Huld,
Ach gib mir und gewähre
Mein Bitten! Ich begehre
Nichts anders als Geduld.
14. Geduld ist meine Bitte,
Die ich sehr oft und viel
Aus dieser Leibeshütte
Zu dir, Herr, schicken will.
Kommt dann der letzte Zug,
So gib durch deine Hände
Auch ein geduldigs Ende!
So hab ich alle g’nug.