Unbekannter Dichter – Der Tag hat sich geneiget

1. Der Tag hat sich geneiget,
die Nacht hat sich genaht.
Gott sei gebenedeiet,
der uns beschützet hat.
Er woll durch seine Güte,
durch seine große Macht
uns gnädiglich behüten
auch jetzt in dieser Nacht.

2. Nichts ist auf dieser Erden,
das da beständig ist.
Allein die Güt des Herren,
die währet ewiglich,
steht allen Menschen offen,
Gott läßt die Seinen nicht.
Drauf setz ich all mein Hoffen,
mein Trost und Zuversicht.

3. Dem hab ich mich ergeben
in dieser argen Welt:
So ist des Menschen Leben
wie Blümlein auf dem Feld.
Des Morgens in dem Taue
stehn sie gefärbet schön;
bald sind sie abgehauen,
verderben und vergehn.

4. Vergib mir, lieber Herre,
mein Sünd und Missetat!
Ich hab gesündigt sehre
und bitte, Herr, um Gnad.
Wenn du mir wollst zuschreiben
mein Sünd und auch mein Schuld,
wo sollt ich vor dir bleiben?
Den Tod hätt ich verschuldt.

5. Ich bitt, daß du mir gnädig
um Christi Willen seist.
Mach mich von Sünden ledig,
gib mir den heilgen Geist,
der mich weise und lehre,
ja der mich leit und führ,
auf daß ich nimmermehre
Gotts Steg und Weg verlier.

6. Mein Leib, mein Seel, mein Leben,
mein Haus, mein Gut, mein Ehr,
was du mir hast gegeben,
befehl ich dir, o Herr,
in dein göttlichen Hände;
behüt mich gnädiglich,
gib mir ein selig Ende.
In dein Reich, Herr, nimm mich!

Text: Greifswald 1597
Melodie: Ich freu mich in dem Herren (Bartholomäus Helder vor 1635)
Quelle: EGB Nr. 472