(Psalm 124)
Wo Gott der Herr nicht bei uns hält
Wenn unser Feinde toben,
Und er unsrer Sach nicht zufällt
In Himmel hoch dort oben,
Wo er Israel Schutz nicht ist
Und selber bricht der Feinde List,
So ist’s mit uns verloren.
Was Menschen Kraft und Witz anfäht
Soll uns billig nicht schrecken:
Er sitzet an der höchsten Stätt
Der wird ihr’n Rath aufdecken.
Wenn sie es auf’s klügest greifen an,
So geht doch Gott ein ander Bahn,
Es steht in seinen Händen.
Sie wüthen fast und fahren her,
Als wollten sie uns fressen.
Zu würgen steht all ihr Begehr,
Gotts ist bei ihn‘ vergessen;
Wie Meereswellen einher schlan1),
Nach Leib und Leben sie uns stan,
Des wird sich Gott erbarmen.
Sie stellen uns wie Ketzern nach,
Zu unserm Blut sie trachten,
Noch rühmen sie sich Christen hoch,
Die Gott allein groß achten:
Ach Gott, der theure Name dein
Muß ihrer Schalkheit Deckel sein!
Du wirst einmal aufwachen.
Aufsperren sie den Rachen weit
Und wollen uns verschlingen;
Lob und Dank sei Gott allezeit,
Es wird ihn‘ nicht gelingen,
Es wird ihr Strick zerreißen gar
Und stürzen ihre falsche Lahr2),
Sie werden Gott nicht wehren.
Ach Herr Gott, wie reich tröstest du,
Die gänzlich sind verlassen,
Der Gnaden Thür steht nimmer zu;
Vernunft kann das nicht fassen:
Sie spricht: es ist nun All’s verlorn,
Da doch das Kreuz hat neugeborn
Die deiner Hilf erwarten.
Die Feind sind all in deiner Hand,
Darzu all ihr Gedanken;
Ihr Anschlag ist dir wohlbekannt,
Hilf nur, daß wir nicht wanken.
Vernunft wider den Glauben ficht,
Auf’s Künftig will sie trauen nicht,
Da du wirst selber trösten.
Den Himmel und auch die Erden
Hast du, Herr Gott, gegründet;
Dein Licht laß uns helle werden,
Das Herz uns werd entzündet,
In rechter Lieb des Glaubens dein
Bis an das End beständig sein,
Die Welt laß nimmer murren.
Klaiber, Karl Friedrich – Evangelische Volksbibliothek
1) schlagen
2) Lehre