Elisa von der Recke – Nach dem Gewitter

Verhallt ist schon des Donners Laut,
Erfrischt Gefild‘ und Luft;
Nun duftet süßer Wohlgeruch
Dem Vater der Natur

Der Vogel schwingt sich fröhlich auf
Und singt ihm Lobgesang,
Und was im Wald, auf Halm und Gras
Sich freuet, preiset ihn.

Du Mensch, der du den Nahenden
Worüber wandeln sahst,
Dank ihm, so laut als die Natur
Durch Lobgesang und Tat!

Wie Gott in seiner großen Welt
Sich immer liebend zeigt,
Und immer schont; so lern‘ auch du
Vergeben Jedermann.

Und wann die Luft der Eitelkeit
Dich zu betäuben droht,
Dann stärke der Gedanke dich:
Nur Tugend gilt vor Gott.

Elisa von der Recke – Gewitterlied.

Gott donnert! fürchterlich und schwer
Drück bange Nacht das Land;
Ein Wolkenstrom rauscht über uns
Und ihn durchkreuzt sein Blitz.

Leicht raubt ein Strahl uns Hab‘ und Gut
Und unser Leben leicht:
Der Arme wie der Königssohn
Fühlt deine Schrecken, Gott!

Bebt alles, siehe! dennoch bleibt
Des Frommen Herz getrost,
Froh spricht er: Gott ist Vater stets
Und liebt uns, ob er dräut.

Ob schnell und laut der Donner rollt,
Doch lenkt ihn Gottes Arm;
Und Regen kommt und Fruchtbarkeit
Durch ihn auf unser Land.

Wer ehrfurchtsvoll auf Gott vertraut:
Und reines Herzens ist,
Den schreckt der nahe Donner nicht,
Der fürchtet nicht den Tod.

Elisa von der Recke – Freude über die Allgegenwart Gottes.

Gott, o Seele, schwing dich auf
Und freue dich der Wonne!
Er, der voll Huld der Welten Lauf,
Den Lauf der milden Sonne,
Er, der die ganze Schöpfung lenkt,
Auf jedem Tritt und Freude schenkt,
Er ist allgegenwärtig.

Wann sich in stiller Einsamkeit
Der Geist zu ihm erhebet,
Und voll der hohen Seligkeit
In heiliger Wonne schwebet;
Dann sieht sein milder Vaterblick
Mit Wohlgefallen unser Glück,
Er sieht’s allgegenwärtig.

Wann mancher Kummer uns betrübt,
Und Tränen uns entfließen;
Wann die, die wir bisher geliebt,
Nun unsern Fall beschließen:
So ist uns Gott mit seiner Kraft,
Der Gott, der immer Hilfe schafft,
Im Leid auch gegenwärtig.

Und wenn das Auge sterbend bricht,
Wann alle Sinnen schwinden,
Wann für erhabne Freundschaft nicht
Das starre Herz empfinden,
Nicht liebevoll mehr schlagen kann,
O höchstes Wesen! – dann, auch dann
Bist du uns gegenwärtig.

Zu Gott, mein Geist, schwing dich hinauf,
Und freue dich der Wonne!
Er, der voll Huld der Welten Lauf,
Den Lauf der milden Sonne,
Er, der die ganze Schöpfung lenkt,
Im Tod und Leben Freude schenkt,
Er ist allgegenwärtig.

Elisa von der Recke – Alles steht unter Gottes Vorsorge.

Durchirrt mein Blick der Welten Pracht,
Und denk ich dessen Güt und Macht,
Der sie erschuf, so steigt mein Geist
Empor, und betet an, und preist.

Er, der den Himmel ausgespannt,
Umfasset ihn mit starker Hand,
Und seines Reichs Unendlichkeit
Oft ohne Grenzen Maß und Zeit.

Ein unzählbares Weltenheer
Läuft zirkelnd um einander her,
Und rückt aus seiner Ordnung nicht;
Denn er hält all‘ im Gleichgewicht.

Und diese Erd‘, im Schöpfungsreich
Ein Punkt, an wie viel Schönheit reich!
Und die Bewohner ohne Zahl,
Wie voll von Wundern überall!

Doch für das Ganze sorgt nicht nur
Der gute Vater der Natur:
Er, der den kleinsten Staub beseelt,
Hat jedes Haupthaar auch gezählt.

Und ohne seinen Willen fällt
Kein Sperling nieder, denn er hält
Den Wurm, der sich vom Staube nähret,
Des Schutzes wie den Seraph wert.

Und so sorgt auch sein Vatersinn
Für mich, und was ich hab und bin:
Den Geist, den Leib, dies Glück, den Stand
Verdank ich seiner Liebeshand.

Er wog nach meiner Fähigkeit
Mir meine Wohlfahrt und mein Leid,
Mein ganzes Schicksal bis ins Grab
Und meine Lebensdauer ab.

Erhalte den Gedanken mir,
O Gott! „Was kommt, das kommt von dir!
Was deine Fürsicht an mir tut,
Ist herrlich, weise, selig, gut!“

Samuel Liscovius – Nach dem heiligen Abendmahl.

1. O Jesu, treuer Hirte,
Du suchest die Verirrte,
Und liebest arme Sünder
Wie deine lieben Kinder.

2. Ich hatte mich verirret,
In Sünden ganz verwirret,
Doch hast du mich gefunden
Und tröstlich losgebunden.

3. Den Sünden abzukommen,
Hast du mich aufgenommen.
Und, als ein Vater pfleget,
Auf deinen Schoß geleget.

4. Hab ich dich gleich betrübet.
Hast du mich doch geliebet,
Mir meine Schuld geschenket
Und mich mit Trost getränket.

5. O Jesu, wahres Leben,
Du hast dich mir gegeben
Und in mein Herz gesetzet,
Auch Seel und Mut ergötzet.

6. Mit deinem Fleisch und Blute,
Dem höchsten Gnadengute,
Hast du mich jetzt genähret
Und meinen Tod verzehret.

7. Des Teufels Heer erschricket,
Weil du mich selbst erquicket,
meine Sündenwunden
Du kräftig hast verbunden.

8. Nun werd ich nicht verloren,
Denn ich bin neu geboren,
Der Himmel steht mir offen,
Nun hab ich Heil zu hoffen.

9. O Jesu, sei gepreiset,
Dass du mich so gespeiset,
Dass ich für mein Verderben
Nun soll das Leben erben.

10. Ich danke dir und bitte:
Regiere meine Schritte,
ich von deinen Wegen
Mich niemals möge regen.

11. Durch deinen Geist mich führe,
Dass ich mich nicht verliere,
Dass ich mich dir zu Liebe
In guten Werken übe.

12. Hilf, dass mich diese Speise
Zu dir in Himmel weise:
Dass ich an deinem Leibe
Ein ewig Gliedmaß bleibe.

Samuel Liscovius – Vom Worte Gottes.

Weise: Ach, bleib‘ bei uns, Herr Jesu Christ.

1. O Jesu, Glanz der Herrlichkeit,
Du hast der Welt das Heil bereit’t
Und förderst auch noch immerfort
Der Seelen Wohlfahrt durch dein Wort.

2. Wenn unser Herz in Furchten steht,
Wenn unser Fuß im Finstern geht,
So werden wir durchs Wort getröst’t
Und aus der Finsternis erlöst.

3. Dein göttlich Wort ist unser Licht,
Des Herzens starke Zuversicht,
Ein Feuer, das uns wärmen kann,
Das Lieb und Glauben zündet an.

4. Dein Wort ist ein zweischneidig Schwert,
Das durch das Mark und Seele fährt,
Rin Hammer, der das Herze schlägt
Und uns zur Frömmigkeit bewegt.

5. Dein Wort ist unser bestes Teil,
Der Seelen Schatz und wahres Heil,
Ein wundersüßer Honigseim,
Der uns zum Himmel bringet heim.

6. Drum, Jesu, komm, erleuchte mich,
Dein Wort zu lieben inniglich;
Gib mir durch deines Geistes Huld,
Dass ich’s bewahre mit Geduld.

7. Dein Wort sei meine Süßigkeit,
Mein Trost in Kreuz und Herzeleid,
Mein Licht und meiner Seelen Kraft,
Das mir ein neues Leben schafft.

8. O Jesu, treuer Seelenhort,
Hilf mir im Tode durch dein Wort,
Dass mich’s aus dieser bösen Zeit
Begleite zu der Seligkeit.

Albert Zeller – Klopft ich noch einmal an

Klopft ich noch einmal an
Von meines Elends Gassen,
Dass du nicht aufgetan,
Wenn Alles mich verlassen?
Hast du nicht tausendmal
Mich selbst hereingerufen,
Wenn ich voll Scheu und Qual
Stand an des Hauses Stufen?

Und trat ich ein bei dir,
Wie hast du mich empfangen,
Als hättest du nach mir,
Nicht ich nach dir Verlangen;
Als hätt ich dir ein Gut,
Ein köstliches, zu bringen,
Dir Herr, in dessen Hut
Der Schatz von allen Dingen!

Du heißt die schwere Last
Mich von den Schultern nehmen,
Wie einen lieben Gast
Mich häuslich zu bequemen;
Sprichst mir so freundlich zu.
Verbindest meine Wunden,
Und lässt in süßer Ruh
Das kranke Herz gesunden.

Du zeigst mir sanft und klar,
Wo ich bin irr gegangen,
Und wo mein Auge war
Von Schein und Trug umfangen;
Lehrst wieder mich mit Fleiß
Des rechten Weges Zeichen,
Dass ich nun besser weiß,
Mein Ziel noch zu erreichen.

Du weißt, wie Leiden tut,
Und hasts für mich erfahren;
Heißt mich, den guten Mut
Erhöhen und bewahren;
Gespeist, getränkt und stark
Greif ich zum Wanderstabe,
Und fühle bis ins Mark,
Was ich empfangen habe.

Manch unaussprechlich Wort
Hab ich von dir vernommen,
Und darf an jedem Ort
Und allzeit wieder kommen,
Wenn meine Kraft versiegt,
Und meine Knie wanken,
Und wenn die Seele fliegt
Zum Jubel und zum Danken.

Könnt ich nur aller Welt
Und jedem Wandrer sagen,
Dem es so sehr missfällt
Hier in der Wallfahrt Tagen,
Was solche Einkehr heißt,
Wie sie den Sinn erquicket,
Wenn sich nur Herz und Geist
In ihre Wohlfahrt schicket!

Einst kommt ein selger Tag,
Da darf ich wohnen bleiben;
Nichts in der Welt vermag
Mich ferner zu vertreiben.
O Gott! wie wird das sein
Ein Jubel ohne Ende:
Ach siehe gnädig drein,
Vollende, Herr, vollende!

Albert Zeller – Das Größte, was du Herr an mir getan

Das Größte, was du Herr an mir getan,
War, dass du nahmst, die du mir einst gegeben,
Dass ich im Nehmen durfte dich empfahn,
Im Tode selbst das lebensvollste Leben.

Wohl saß ich früh zu deiner Boten Fuß,
Und lauschte froh der wundervollen Mähre,
Dass dieses Leben nur der Morgengruß
Aus deiner Ewigkeiten Fülle wäre.

Wohl sagte mir des eignen Herzens Schlag,
Durchzückend mich mit einer heilgen Ahnung,
Dass dieses Sein sei nur der erste Tag
Des ganzen Seins und Alles seine Mahnung.

Ich sah und hörte früh der Erde Not,
Und glaubte fest an deine hohe Sendung,
An deiner Liebe schöpfungsreichen Tod,
Und unsres Jammers gnadenvolle Wendung.

Ich eilte hin am heilgen Ostertag
Zu deinem Grab mit Marie Magdalenen,
Wie noch die Welt in tiefem Schlummer lag,
Und was ich sah, ging über all mein Sehnen.

Ich sah dich kommen und dann wieder gehn
In deines Leibes himmlischer Verklärung
Und alle Toten mit dir auferstehn,
Und meiner tiefsten Fragen Vollgewährung.

Ich sah dir nach, wie du zum Himmel gingst,
Der dich zu unsrem ewgen Heil gesendet,
Und deines Vaters Gotteslohn empfingst,
Nachdem du hier sein großes Werk vollendet:

Und glaubte tief mich selber eingeweiht
In deines Lebens wundervollen Segen,
Und mich von aller Angst und Not befreit,
Und hörte deinen Gruß auf allen Wegen.

Doch als ich sah mich selbst ins Grab gesenkt
In ihr, die mir als eignes Ich gegeben,
Da fühlt ich erst, was uns in dir geschenkt,
In deinem Sterben, wie in deinem Leben.

Und wie das Schwert durch meine Seele ging,
Drang erst dein Wort mit ganzer Kraft zum Herzen,
Und unter namenlosem Weh empfing
Mein Geist die Taufe deiner Todesschmerzen.

Dein Ruf war stärker als mein Angstgeschrei;
Die Erde wollte unter mir sich spalten;
Und vor dem Heiligtume riss entzwei
Der Vorhang, der mein Auge noch gehalten.

Und dein und meiner ward ich nun gewiss,
Wie ich es nie zuvor war je gewesen,
Und schloss sich auch vor meinem Aug der Riss,
Ich hatte in dem deinigen gelesen.

Und Blick und Herz und Anker blieb zurück
In deines Tempels heiliger Bewahrung,
Und meines Lebens Licht und Trost und Glück
Ist dieser Stunde selge Offenbarung.

Albert Zeller – Meine Herde will ich weiden

„Meine Herde will ich weiden“
Hast du Herr zu uns gesprochen,
Und du hast zu keinen Zeiten
Je dein heilig Wort gebrochen.
Wie ein treuer Hirte gehet,
Willst du gehn mit deinen Schafen,
Der zu ihren Seiten stehet,
Ob sie wachen, ob sie schlafen.

Und die Lämmer willst du sammeln
In den starken Liebesarmen;
Wenn sie ihre Wünsche stammeln,
Herzlich ihrer dich erbarmen;
Willst sie in dem Busen tragen
Die Verlassenen, die Kleinen;
Wenn sie um die Mütter klagen,
Sie in deinem Schoß vereinen.

Und die Mütter willst du führen
Als der ewig treue Hirte,
Jung und Alt, und milde rühren,
Was sich nur von dir verirrte;

Locken, rufen, heilen, pflegen,
Was sie mögen nur bedürfen,
Dass sie aus dem Quell voll Segen
Stündlich neue Labung schlürfen.

Guter Hirte sonder Gleichen
Sollten wir dir nicht vertrauen?
Willst du uns doch Alles reichen
Gern auf deines Lebens Auen:
Ja, in deine treuen Hände,
Seien Alle wir empfohlen,
Und zu deiner Wege Ende
Wirst du Lämmer, Mütter holen.

Albert Zeller – Und immer neue Kränze leg ich auf dein Grab

Und immer neue Kränze leg ich auf dein Grab,
Ein still Gedächtnis einzig schöner Jahre;
Hängt doch ein ganzer Frühling rings herab;
Ein Kranz ist fertig, eh ich es gewahre.

Wie weit vom Ufer steuert schon das Schiff,
Seitdem ich dich zum letztenmal gesehen;
Wie gings vorbei an manchem Felsenriff,
Wie wohl und weh ist mir indes geschehen!

Wie manche Blüte ward indessen Frucht
Mein Herz und Auge wonniglich entzückend!
Wie manche Knospe in der Tage Flucht
Zur holden Blume, innig mich beglückend!

Und wie viel Keime schlummern noch im Schoß
Des Werdens still und ahnungsreich verborgen!
Und ringen sich allmählig schwellend los
Zu einem frischen wundervollen Morgen!

Wie mancher Stunde überreiches Glück
Ward nur im Flug des Augenblicks genossen;
Wie schau ich dankbar sinnend nun zurück,
Und zähl die Schätze, die es eingeschlossen!

So bin ich arm und reicher als ich war,
Mein Glück und meines Leides Heil bedenkend,
Und meine Seele innig, still und klar
Ins Meer der Liebe bis zum Grund versenkend.

Verschwunden sind im blauen Himmelsschein
Des Kirchhofs enge schmerzerfüllte Mauern;
Ich schaue Leben, Werden, frohes Sein,
Zum Jubel wird das tränenreiche Trauern.

Und nah und immer näher leuchten mir
Die Berge Gottes, die mir Hilfe bringen:
Bei solchem Anschaun solcher Festeszier
Könnt ich am Grabe Hochzeitlieder singen.