Albert Zeller – Ist dirs wieder, wie den Zwein

Ist dirs wieder, wie den Zwein,
Die nach Emmaus gegangen,
Herz und Aug voll stummer Pein,
Kummer, Sehnsucht und Verlangen,
Und du wähnst in deiner Not
Deinen Heiland wieder tot?

Ach wie kurz ist Menschensinn!
Was du tausendmal erfahren,
Deinen seligsten Gewinn
Kannst du nicht einmal bewahren,
Und wie Wind und Woge geht,
Ist dein Glaube auch verweht.

Hat er nicht in jeder Qual
Wie ein Freund mit dir gesprochen,
Und bei jedem Segensmahl
Unsichtbar das Brot gebrochen?
Und du hast ihn doch verkannt,
Wie dir auch dein Herz gebrannt.

Alle Morgen weckt er dich,
Seine Wahrheit neu zu hören;
Und du lässt so williglich
Dich von Lug und Trug betören:
Hättest du ihm still gelauscht,
Wär sein Wort dir nicht verrauscht.

Hast du dich nicht oft von früh
Bis zur Mitternacht besonnen,
Und mit Sorgen und mit Müh
Endlich auch dein Werk begonnen?
Und, wenn du es recht besehn,
War es wie von selbst geschehn!

Und du willst noch Wunder sehn,
Dass du mögest an ihn glauben?
Flammen sollen vor dir gehn,
Engel dir die Zweifel rauben,
Und du glaubst, er wolle ruhn,
Weil so stille ist sein Tun?

Deine Zeit ist allezeit;
Drum, wenn es will Abend werden,
Bist du auch so bald bereit,
Dich voll Ängsten zu gebärden. –
Wär dein Tag mit ihm vollbracht,
Schreckte dich auch keine Nacht.

Bleibt er dir doch immer nah,
Sieht auch dein geheimstes Trauern,
Und auf einmal ist er da
Durch die Riegel, durch die Mauern,
Tritt zu dir in lichtem Schein
Mit dem Friedensgruß herein.

Und er nimmt dich bei der Hand,
Legt sie sanft in seine Wunden,
Und du hast ihn froh erkannt,
Seine Liebe neu empfunden,
Rufst getrost und wieder heil:
Herr, mein Gott, mein ewig Teil!