Zinzendorf, Nikolaus von – Hindurchbrechen!

Jesu, nimm den Sinn,
Nimm mir Alles hin,
In den süßen Liebeswillen,
Da die Segensströme quillen,
In Dein offnes Herz,
Unter allem Schmerz!

Ewig treuer Freund,
Der mich redlich meint;
Unveränderliche Liebe
Voll geheimer Gnadentriebe,
Führ‘ im Herzenshaus
Deine Führung aus!

Niemand liebet Dich
So herzinniglich,
Dass nicht Deine Liebe größer,
Dass man Dich nicht mehr noch besser
Lieben könnt und sollt,
Wenn man immer wollt‘.

Rüste mich doch zu
Zu der stolzen Ruh‘,
Da die Deinen ewig hausen
Ohne Weltgetös‘ und Brausen:
In der Gnadenzeit
Mache mich bereit!

Jesu, rufe mich,
So ereil‘ ich Dich,
Meiner Seele HErr und König!
Wär‘ es Dir nicht noch zu wenig,
Wenn ich Dir aus Trieb
Leib und Seel verschrieb‘?

Eile näher her,
Mache leicht, was schwer;
Und weil Deine wahren Brüder
(Stürben auch des Leibes Glieder)
Froh und fröhlich sein:
Warum wollt ich schrei’n?

Tue meinem Lauf
Eine Türe auf:
Mache mein Gemüte völlig
Deinem Herzen wohlgefällig;
Lass mich fleißig seh’n,
Was an mir gescheh’n.

Träufle Gnad‘ und Gab‘
Aus der Höh‘ herab!
Deine Liebe ist unendlich,
Und ich war doch unerkenntlich,
Bis mich Deine Lieb‘
Erst in’s Kreuze trieb.

Also fahre fort;
Lieb‘, und schone dort!
Mache mich recht unzerteilig
Und‘ an Leib und Seele heilig;
Und erkenne mich
Jetzt und ewiglich.

(27. Novbr. 1728.)