Zinzendorff, Nikolaus von – Bei der Taufe eines Kindes.

Freundlicher Immanuel,
Des sich freuet Leib und Seel‘,
Welche Du mit Blut erkauft
Und in Deinen Tod getauft.

Schau‘, hier liegt vor Deinem Thron
Dieses Kind, ein weicher Ton,
Draus Du Dir ein liebes Bild
Gnadenvoll bereiten wilt.

Du bist auch ein Kind gewest,
Dass Du selbst erführst und sähst,
Wie dem lieben Kinderheer
Jederzeit zu Mute wär‘.

Deine Kindheit war ein Licht:
Dein holdselig Angesicht,
Dein Gehorsam, Deine Treu‘
Zeigte bald, was in Dir sei.

O so lass doch auch gescheh’n,
Dass wir an den Kindern seh’n,
Wessen man sich vor’ger Zeit
An dem Jesuskind gefreut!

Nimm hinweg den Eigensinn,
Stürz‘ auch alle Höh‘ dahin,
Die sich schon, wiewohl noch zart,
In den Kindern offenbart.

Lass die Zeit, da Du gewollt,
Dass ein Kindlein leben sollt,
Von dem heut’gen Tagesschein,
Von der Tauf‘ an Deine sein!

Gib, dass, wenn’s bei Jahren ist,
Es am Ziel der Gnadenfrist
Freudenvoll und ungekränkt
Habe, was Du ihm geschenkt!

Lass des Feindes List und Trug
Über ihm nicht Macht noch Fug;
Vor Verführung, die er schafft.
Schütze Du’s mit Geisteskraft!

Dieses ist’s, was Deiner Treu‘
Gläubig anbefohlen sei;
Es gedeih‘ zu Deinem Ruhm,
Und verbleib‘ Dein Eigentum!

(1724.)