Herman, Nikolaus – Der Gottesacker.

Gottsacker heißt der weite Platz.
Darein Gott sät sein höchsten Schatz,
Viel tausend Weizenkörnelein
Die Leib der lieben Christen sein;
Die sollen all: zu seiner Zeit
Grünen in aller Herrlichkeit;
Ihr Asch und Staub, Bein, Haut und Haar
Soll Alls spanneu werden und klar.
Ihr Körper wie Kristall so rein
Werden aufstehn und solln sein
Gleichwie der Sonnenschein und Glanz,
Unsterblich und vollkommen ganz.

Jetzt han sie hie ihr Rast und Huh.
Warten, bis geht die Zeit herzu,
Da sie Christus, der treue Hirt
Vom Tod wiedr auferwecken wird,
Ihr Leib und Seel, beide zugleich
Mit sich führen ins Himmelreich;
Denn solchs er ihn erworben hat
Am frohnen1heiligen Kreuz mit seinem Tod.
Der Acker ists Ruhbettelein,
Das Christus hat gewärmet fein,
Da er drin bis an dritten Tag
Im Grab für unser Sünden lag.

Hie verleußt 2verliert all sein Recht der Tod,
Im Grab verscharrt wird Angst und Not,
Jammer, Elend man hieher trägt,
Und als Unglück in d‘ Erden legt.
Aber zu der Posaunen Schall
Sollen vom Tod erstehen all,
Herrlich und verneut werden die,
So jetzt in Christo schlafen hie.

Den Gottsacker in Ehren halt,
Wer darauf geht, jung oder alt;
Denn er Gotts treuer Zehntner ist,
Was ihm vertraut der Herre Christ,
Das wird er als bei Carols Gwicht
Am jüngsten Tag bringen ans Licht.

Wer nun sein Brüdern hergibt sGleit,
Mach sich gerüst, und sei bereit;
Denn er weiß weder Stund noch Tag,
Wenn man ihn auf den Acker trag.
Ob er gleich jetzt ist frisch und gsund,
Doch kann der Tod kommen die Stund
Und ihn fordern von dieser Welt.
Dafür hilft kein Gwalt, Kunst noch Geld,
Drum Jedermann sich zeitlich schick,
Und wart des Tods all Augenblick.

Weil wir denn kein Stund haben Frist,
So sprech ein Jeder, der das liest:
Schlaft in Fried, lieben Brüder mein,
Gott helf mir schier zu euch herein,
Dass ich neben euch wart der Zeit
Unser Urständ3Auferstehung und Seligkeit.
Denn wollen wir das helle Licht
Mit Freuden sehn Gotts Angesicht
Mit Leib und Seel das Himmelreich
Erben mit allen Engeln zugleich.
Herz Christ, hilf, dass es bald geh an,
Das wünscht der alt Niclas Herman.