Arnold, Gottfried – Krankheit aus Liebe.

Ich weiß nicht, wie mir ist,
Vor großem, bitt’rem Schmerzen,
Der mir am Leben frisst,
Und geht so tief zu Herzen.
Wer bringet mir den besten Rat?
Wer ist’s, der für mich Rettung hat,
Weil meine Lieb‘ am Sterben ist?

Als ich mein ewig Heil
Nach ernster Buße funden
In Jesu, der mein Teil
Kraft seiner Todeswunden,
Und meine Heilung ward vom Tod:
Da sprach ich : „nun hat’s keine Not,
Weil Gottes Sohn mir gnädig ist!“

Fürwahr, es hat der Trieb
Des Vaters mich gezogen
Zum Sohn, und dessen Lieb‘
Im Geist mich überwogen.
Sein göttlich Licht facht‘ an in mir
Der Lieb‘ unendliche Begier
Im Herzen, das verwundet ist.

Ich kann ohn‘ Ihn nicht ruh’n,
Viel weniger selig leben;
Drum hab‘ ich eignem Tun
Und Frommsein mich ergeben:
Da lief ich aus mir hin und her,
Und forscht um Ihn bei Menschen sehr,
Ob Er bei Kreaturen ist?

Vom Laufen ward ich matt,
Ich sank in Ohnmacht nieder,
So dass mein Mund sich hat
Eröffnet an die Brüder:
„Ach wisst ihr meinen Liebsten wo,
So sagt Ihm, dass ich sterbe so,
Weil Er von mir entfernet ist!“

Bald war die Antwort da,
Im tiefsten Seelengrunde:
Das Wort ist dir so nah
Im Herzen und im Munde!
Was ist’s, das deine Liebe facht,
Und Liebesschmerzen dir gemacht? –
Ist’s nicht das Wort,
das in dir ist?

„Von armer Kreatur
Wirst du den Schatz nicht kaufen,
Wenn du auch alle Spur
Der Sekten willst durchlaufen.
Ach glaube du: sie taugen nicht!
Ihr Tun ist Schein und eignes Licht,
Weil ihre Leucht erloschen ist!

O Seele, Gott ist Licht,
Dazu man nicht kann kommen,
Wenn alle Sünden nicht,
Vollkommen weggenommen!
Drum such‘ Gott selber nur durch Gott,
Das Licht im Licht, bei Kreuz und Spott,
Weil Jesus dein Versöhner ist!

Darauf erschwang ich mich
Aus meinem eigenen Leben,
Und wollte dürstiglich
In Gott hin mich ergeben;
Ach aber, ich fand mich zu schwach,
Und schrie Ihm nach mit Weh und Ach:
Wo ist Er, der mein Leben ist?

Da fand ich zwischen mir
Und Gott viel Bilder stehen,
Die mich verhindert hier,
Ins Heiligtum zu gehen:
Und gleichwohl hatt‘ ich keine Kraft,
Bis Er sie selber aus mir schafft,
Mir statt der Vielheit Eines ist.

Nunmehr ist Er mir auch
Arzt und Arznei gewesen,
Und was ich sonsten brauch‘,
Darf ich aus Ihm erlesen.
Nun frag‘ ich nicht nach Kreatur;
Stirb hin, Vernunft, Will, Fleisch, Natur!
Gnug, dass Er Eins und alles ist!