Schmedding, Johann Heinrich – Dies Irae

Jener Tag, den Zorn entzündet,
Da die Welt in Asche schwindet,
Ward prophetisch uns verkündet.

Welch ein Schrecken wird entstehen,
Wenn man aus des Himmels Höhen
Wird den Richter kommen sehen!

Die Posaune wird erklingen,
In die Todtengrüfte dringen,
Alle vor den Thron zu bringen.

Tod und Schöpfung werden beben,
Wenn, um Rechenschaft zu geben,
Die Entschlafnen sich erheben.

Sieh, ein Buch ist aufgeschlagen,
Da von Jedes Lebenstagen
Sind die Sünden eingetragen.

Alles wird zu Tage kommen,
Wann der Richter Sitz genommen,
Und der Ahndung nichts entkommen.

Was will dann ich Armer sagen?
Wen um Beistand will ich fragen,
Da beinah die Frommen zagen?

König auf dem Schreckensthrone!
Niemand hat ein Recht zum Lohne;
Quell der Gnaden, ach, verschone!

Milder Jesu, zu Gemüthe
Nimm die mir erzeigte Güte,
Die mich jenes Tag’s behüte.

Du bist auf die Welt gekommen,
Hast am Kreuz dein End‘ genommen,
So viel Liebe lass mir frommen.

Rächer der gerechten Sache,
Gnade gieb, eh‘ ich erwache
Zu dem Tage deiner Rache.

Sieh‘! ich seufze schuldbefangen,
Schamroth färbet mir die Wangen,
Lass mich Gnade, Gott, erlangen!

Da dem Schächer und Marien
Magdalenen du verziehen,
Hast auch Hoffnung mir verliehen.

Zwar ist ohne Werth mein Flehen,
Doch aus Güte lass geschehen,
Dass der Höll‘ ich mög‘ entgehen.

Zu den Schäflein mich geselle,
Nicht mich zu den Böcken stelle,
Dort, an deines Thrones Schwelle.

Mit den Sel’gen mich zusammen
Führe, wann du zu den Flammen
Die Verruchten wirst verdammen.

Dir erheb‘ ich Herz und Hände,
Flehend ich zu dir mich wende,
Herr, verleih ein gutes Ende.

Jenen Tag, – er ist voll Jammer, –
Da aus seiner Todtenkammer
Wird der Schuldige erstehen:
Gott, lass Huld für Recht ergehen.

Milder Jesu, schenke du,
Ihnen, Herr, die ew’ge Ruh.
Amen.