Gottfried Arnold – Falsche und wahre Einsamkeit.

Wo flieh‘ ich hin? wo soll ich bleiben?
Wo wird diese süße Stille sein,
Da ich mich könnte schließen ein,
Um mich nicht mehr umherzutreiben
Im Unruh-Wirbel äuß’rer Dinge?
Ist keine Einsamkeit bereit,
Darin ich Gott ein Loblied singe
Der von Zerstreuung mich befreit?

Mein Geist will in die Wüste ziehen,
Und wünscht sich Taubenflügel an,
Weil er vor Angst nicht bleiben kann
Da, wo die Menschen sich bemühen,
von Gott noch weiter wegzugehen,
Und niemals bei sich selbst zu sein.
Ich kann den Jammer nicht mehr sehen,
Und bleibe selbst dabei nicht rein.

Drum fort, o Seel‘! entzeuch geschwinde
Dich der Gesellschaft dieser Welt!
Zerreiß, was dich gefangen hält,
Damit dein Fuß die Ruhe finde,
Wo kein Geräusche sich verstöret,
Rein Zuspruch Sorgen und Verdruss
Den Umgang Dir mit Gott verwehret,
Der hier oft unterbleiben muss!

Ich freu‘ mich schon auf eine Kammer,
Die mich in sich verschließen wird,
Und durch den engen Raum abführt
von aller Unruh, Streit und Jammer,
Die große Städt‘ und Schlösser haben.
Hier soll nur meine Ruhstatt sein,
Wo Sicherheit und Fried‘ mich laben
Und kein Unfriede bricht herein.

Nun will ich erst recht singen, beten,
Und in der Andacht kommen weit,
Weil ich, nicht durch so viel zerstreut,
Vor Gott mit stillem Geist darf treten;
Da soll kein Feind mich hindern können,
Ich geh‘ in Kanaan schon ein;
Mein Paradies soll man es nennen;
Hier will ich auch begraben sein!