Weise: Wo ist meine Sonne blieben.
Oder: Meine Armut macht mich schreien.
1. Wie ein Hirsch vom Durst gequälet,
Wenn ihm fehlet
In der Hitz ein frischer Quell,
Schreiend sich nach Wasser sehnet,
Also stöhnet
Nach dir, o Gott, meine Seel.
2. Meine Seele sich verzehret
Und begehret
Von dir, Strom der Süßigkeit,
Noch allhier getränkt zu werden
Auf der Erden
In des Durstes Peinlichkeit.
3. Ach, wenn, spricht sie, solls geschehen,
Dass zu sehen
Ich vermag dein Angesicht?
O wenn soll mit allen Frommen
Ich doch kommen
Hin zu deinem klaren Licht?
4. Denn jetzt bin ich so ungerne
Dir noch ferne;
Jeder Tag hat seine Not,
Weil der finstern Kräfte Scharen
Mich anfahren;
Wo ist, sagen sie, dein Gott?
5. Dürft und könnte ich doch laufen
Mit dem Haufen,
Der mit Preis und Lobgesang
Dich in Salems Hütten ehret
Und vermehret
Deinen Ruhm mit Saitenklang.
6 Aber dies muss ich entbehren
Und mit Zähren
Bei mir schütten aus mein Herz;
Ich muss Klagelieder singen
Und mit Ringen
Täglich häufen meinen Schmerz.
7. Stille, stille, Seele, stille!
Und, o Wille,
Gib dich in Gelassenheit.
Hoff auf Gott, so wird dein Klagen
Samt den Plagen
Sich verwandeln bald in Freud.
8. Unterdessen währts so lange,
Dass mir bange,
Dass ich finde keine Ruh.
Ich muss fühlen seine Ruten,
Seine Fluten
Schlagen ja auf mich nur zu.
9. Aber Gott bleibt doch die Liebe,
Darum übe
In dem Glauben die Geduld;
So wird dich bei Nacht und Tage
Statt der Plage
Noch erquicken seine Huld.
10. Ich will glauben, hoffen, dulden;
Meine Schulden
Haben es gar wohl verschuldt,
Dass mein Fels, der mein vergisset,
Mir zumisset
Tränenbrot statt seiner Huld.
11. Aber wenn die Feinde höhnen
Meine Tränen,
Dies ist mir ein bittrer Tod;
Wenn die Spötter in dem Zagen
Zu mir sagen:
Lieber, wo ist nun dein Gott?
12. Dennoch stille, Seele, stille!
Und, o Wille,
Gib dich in Gelassenheit.
Du sollst, so du nicht wirst wanken,
Ihm doch danken
In der Zeit und Ewigkeit.