Arndt, Ernst Moritz – Anrufung des Worts

O Gottes Wort, gewaltig Wort,
Wie führt dein Schwerdt so scharfen Ort!
Fast unsichtbar und zart und fein,
Doch bohrt er tief durch Mark und Bein.

O Gottes Wort, gewaltig Wort,
Du Seelenschrecken, Geisterhort!
Du ernst geheime Majestät,
Die still durch alle Welten geht.

Bald gleich dem Sturmwind wild und graus
Du fährst mit Blitz und Donner aus,
Bald freundlich, fröhlich, lieb und lind
Du hauchest gleich dem Maienwind.

O Wort so mächtig und so treu!
O ältstes Wort, doch ewig neu!
Laß deine Schrecken mich durchwehn,
Damit ich lerne Gott verstehn.

O Wort so freundlich und so lind!
Durchhauche mich wie Maienwind,
Laß deine Liebe mich durchwehn,
Damit ich lerne Gott verstehn.

Dann wird mir alles offenbar
Und sternenhell und himmelklar,
Dann liegt mein kurzes Erdenlos
Geborgen fromm in Gottes Schoß.

O Wort so mächtig und so treu!
O ältstes Wort, doch ewig neu!
Du Wort von Liebe, Wort von Licht!
Verlaß mich nun und nimmer nicht.