Melchior von Diepenbrock – In jener letzten der Nächte

In jener letzten der Nächte, als ich am Ölberg gebetet,
War ich von Blutschweiß gerötet,
Goss ihn in Strömen für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Lass es die Engel dir sagen, wie viele Streiche und Wunden,
An eine Säule gebunden,
Schweigend ich litte für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Da ich als König verspottet, schmerzlich mit Dornen gekrönet,
Angespieen ward und verhöhnet,
Dacht ich nur immer an dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Schmählich zum Tode verdammet, hart mit der Kreuzlast beschweret,
Blutig vom Dornkranz versehret,
Schleppt ich zum Berg mich für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Dort an das Kreuzholz geheftet, Nägel in Armen und Beinen,
In einem Meere von Peinen
Wollte ich sterben für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Als jener Speer in der Seite weit mir das Herz hat gespalten,
Quoll draus mit Liebesgewalten
Wasser des Lebens für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Schau all die Striemen und Wunden, siehe nun, ob ich dich liebe,
Wenn mir kein Blutströpflein bliebe,
Das ich nicht hingab für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Himmel und Erde voll Schrecken haben den Schmerz mit empfunden,
Als in der letzten der Stunden
Ich bin verschieden für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Was blieb zu tun mir noch übrig, wenn ich aus Lieb ohne Schranken
Selber mich gab ohne Wanken,
Völlig mich hingab für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Nun ich zum Lösgeld am Kreuze für deine Schuld mich ergeben,
Will ich im ewigen Leben
Selber der Lohn sein für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Dacht ich im Sterben noch deiner, werd ich im Himmel nicht minder,
Herrschend als Weltüberwinder,
Immer noch denken an dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Simon Dach – Christi rede, da er vor die sünde der gantzen welt sterben sollte.

Die Zeit ist hie, das grosse leiden
Ist länger nun nicht zu vermeiden,
Die centner-schwere sündenlast,
So je die sterblichen auff erden
Begangen und begehen werden,
Lest mir nun länger keine rast.

Was war es groß, den himmel lassen,
Der hohen Gottheit aller massen
Sich eussern, und erniedrigt gehn?
Was war es grosses, sich nicht schämen
Des menschen wesen anzunehmen,
Mit fleisch und blut bekleidet stehn?

In sein selbst eigenthumb zu kommen
Und doch nicht werden auffgenommen,
In tieffster armut immerdar
Vernichtet und verachtet leben,
Sich müssen auff die Aucht begeben,
Erdulden kummer und gefahr?

Ietzt werden erst die grossen plagen
Recht über mich zusammenschlagen,
Gott, deines eiffers wilde flut
Wird seinen abgrundt auff mich stürtzen
Und meinen athem mir verkürtzen,
Mehr, als der winde wütten thut.

Ich seh‘ es kommen schon gezogen,
Herr, alle deine wasserwogen,
Wie stürmt dein eiffer doch so sehr!
Die grosse flut wil mich erseuffen,
Die ungezämbte wellen heuffen
Und stärcken sich je mehr und mehr.

Das strenge wütten deiner nasen
Wil wider mich ein feur auffblasen,
So alle meine lebens-krafft
Wird gar außdörren und außsaugen,
Biß meine glieder nicht mehr taugen,
Und ich werd‘ in den staub gerafft.

Es schärffen löwen ihre klauen
Und lassen wieder mich sich schauen,
Viel ochsen sind auff mich ergrimmt,
Ich seh‘ einhörner auff mich rennen,
Die zahl der feind‘ ist nicht zu nennen,
Die wieder mich zusammenstimmt.

Das ungeheure reich der hellen
Gedenckt am meisten mich zu fellen,
Der alte drache nimmt sein gifft,
Mir einen mordstreich beyzubringen,
Sein gantzes heer wil mich verschlingen,
Durch alles, was die seele trifft.

Sie wollen mich wie weitzen sichten,
Die pfeile, so sie auff mich richten,
Sind alle gifftig zugespitzt,
Gefiedert nur mit list und triegen,
Sie meinen stracks mir obzuliegen,
So sehr sind sie auff mich erhitzt.

Sie suchen ihre krafft zusammen,
Die eusserste gefahr der flammen,
Das allerärgste seelenweh‘
Als je gewest, sol mich versencken,
Man hoffet ganz mich zu ertrencken
Im tiefsten schlam der höllen-see.

Ich werde wie ein hirsch geplaget,
Der von den hunden wird gejaget,
Leufft schnell und furchtsam durch den wald,
Schreyt jämmerlich und suchet hecken,
Sich vor den winden zu verstecken,
Und find doch nirgends auffenthalt.

Die hunde wollen nicht ablassen
Und meinen jetzt nur anzufassen,
Das arme wild ist über das
Auch von der schlangen wund gebissen
Und sehnet sich nach kühlen füssen,
Biß daß es fellet müd‘ und laß.

Ierusalem, du wirst zu dancke
Mir werden meine marterbande,
Wie sehr hast du mir nachgestellt
Und deine zähn‘ auff mich gewetzet?
Ich werde darumb auch erhetzet
Und jämmerlich in dir gefellt.

Hie werd ich durch den stich der schlangen
Am holtze werden auffgehangen,
Hie wird das opffer abgethan,
Das alle welt von ihren sünden
Sol ledig machen und entbinden,
Hie stirbt der rechte pelican.

Der hohepriester wird sein leben
Hie selber zum schuldopffer geben,
In allerheiligst einzugehn,
Hie wird man mich am creutze tödten,
Doch wil ich, todt, auß deinen nöthen
Nach dreyen tagen anfferstehn.

Nun weistu, Gott, wie ich gewandelt,
Und ob ich wieder dich gehandelt;
Ich bin mir keiner schuld bewust,
Man such‘ in meine lehr‘ und worte,
Man forsche meines hertzens pforte,
Wie du, geliebter vater, thust.

Wird etwas nur in den gedancken
Von des gesetzes richtschnur wancken,
So wil ich ewig sein ein raub;
Es werde meiner gantz vergessen,
Der feind sol meine seele fressen,
Man mache mich zu spreu und staub.

Doch wil ich alles gerne dulden,
Ich wil bezahlen frembde schulden,
Man mag, mein leben und mein blut
Zu rauben, mich zur schlachtbanck führen,
Ich wil auch meinen mund nicht rühren,
Recht wie ein stummes lämblein thut.

Sie mögen fälschlich mich verklagen
Und eitel lügen auff mich sagen,
Sie gehen wieder mich zu rath,
Sie bringen auff mich falsche zeugen,
Ich aber wil zu allem schweigen,
Als der kein wiederreden hat.

Ich lasse mich mit dornen krönen,
Verspeyen, geisseln und verhönen,
Mit mördern gleich geschätzet stehn,
Ich wil mich auch zur erden bücken,
Mein creutz zu tragen auff dem rücken
Und so zu meiner wahlstat gehn.

Diß thu ich, vater, deinen willen
In allen stücken zu erfüllen;
Es schreibt dein weises buch von mir,
Ich hab‘ auch in den todes-schmertzen,
Herr, dein gesetz in meinem hertzen,
Und wil es halten für und für.

Nur las hiedurch dein grosses toben
Und heissen zorn sein auffgehoben,
Nim meine schafe wieder an,
Denn daß ich so geplaget werde,
Macht einig diese meine herde,
Von der ich gantz nicht lassen kan.

Was böses je von ihr geschehen,
Was sie verseumet und versehen,
Das bring‘ ich richtig wieder ein,
Und was bey ihr nicht wird gefunden,
Das schöpffet sie auß meinen wunden,
Die ihr zu gut geschlagen seyn.

Ich wil ertragen alle straffe,
Nur schone meiner armen schaffe,
Ich trette zwischen dich und sie,
Und wil sie vor den grossen blitzen
Und donnern deines wetters schützen,
Als ein sehr schwaches, zartes vieh,

Ein volck, das gentzlich mich verstehet,
Wie tieff es in dem irrthumnb gehet,
Ein hauffe, der sich selbst nicht kennt,
Der zu dem guten ist erstorben,
An leib‘ und seele gantz verdorben,
Der willig zu der hellen rennt.

Ihr aber, die ich vom verderben
Erlöse durch mein blut und sterben,
Ihr menschen, seht, wo meiner noth
Der höchste jammer was wird schencken,
So sol der kelch mich zweymal trencken,
Den Gott mir giebt auff meinem todt.

Wo wird gehöret und gelesen,
Daß jemand so geplagt gewesen
Und so verhönt, als ich muß seyn?
Nichts, was da lebt, hat solche wunden
An seiner seel‘, als ich, empfunden,
Nichts wird verglichen meiner pein.

Hiezu hat mich sonst nichts getrieben,
Als daß ich euch so sehr muß lieben;
Ich seh‘ in was für noth ihr seid,
Ich seh‘ euch ewiglich verlohren,
Die ihr zum leben seid erkohren,
Es sey, daß jemand euch befreyt.

So kompt nun her, in meinen banden
Sol eure freyheit sein vorhanden,
Von meiner scheuflichen gestalt
Solt ihr den besten ziehraht nehmen,
In meinem höchsten spott und schämen
Steht euer bester auffenthalt.

Mein grosser durst sol euren stillen,
Und euch mit lebens-wasser füllen,
Das rohr, die spitze dornen-krohn‘,
In der ich muß verächtlich sterben,
Macht euch zu meines reiches erben,
Mein staub gedeyet euch zum lohn.

Mein trauren dienet euch zur freuden,
Und meine blösse sol euch kleiden,
Mein darben ist eur höchstes gut,
Mein niedriggehn sol euch erheben,
Mein herber todt ist euer leben,
Und eure reinigung mein blut.

Ich schwer‘ euch bey dem falschen küssen,
Bey meinen durchgebohrten füssen,
Und was man kläglichs an mir schaut,
Bey meinem kümmerlichen heulen,
Und blutig unterlauffnen beulen,
Bey meiner ausgedehnten haut,

Ich schwer euch bey dem todesstreiten,
Bey meiner auffgespaltnen seiten,
Und dem, wodurch die böse rott‘
Ietzt wieder mich sich hat empöret,
Bey allem, welches mich unehret,
Bey meinem grossen hohn und spott,

Ich kan euch hertzlicher nicht lieben,
Noch euch zu gut was mehr verüben;
Nur kompt zu mir, damit ich euch
Durch meinen reichen trost erquicke,
Und dann gewünschet nach mir zücke
In Gottes, meines vatern, reich.

Wer aber auff mein freundlich locken
Nicht kömpt, und wil sein hertz verstocken,
Wer sich an mein verdienst nicht helt,
Den lass‘ ich in des sathans ketten,
Dieweil euch anders zu erretten
Es meinem vater nicht gefellt.

Behm, Martin – Als Jesus Christ rang mit dem Tod

Als Jesus Christ rang mit dem Tod,
Schrie er zum Vater in der Noth.
Der Vater hört gar bald den Sohn,
That plötzlich auf sein Himmelsthron,
Schickt ihm ein Engel willig rein,
Der bracht ihm Stärkung in der Pein.

O Vater, schau auf deine Kind,
Wenn wir allhie in Nöthen sind
Und dich von Herzen rufen an;
Denn uns sonst niemand helfen kann.
Dein Engel uns vom Himmel schick,
Der uns in aller Noth erquick.

Hilf, daß wir sind ans Engels statt,
Wenn unser Nächster Kummer hat,
Daß wir durch dein Barmherzigkeit
Ihn trösten in seim Herzeleid.
Laß ihn den Trost auch nehmen an,
Wie dein Sohn selber hat gethan.

dein Engel send, wenn ich verricht
Nah deim Befehl mein Amt und Pflicht;
Hilf, daß er nicht fern von mir sei,
Wenn ich zu dir bet, ruf und schrei.
Dein Engel schick, der mich heim hol,
Wann ich von hinnen wandern soll.

Gerhardt, Paul – Hör an, mein Herz, die sieben Wort

1. Hör an, mein Herz, die sieben Wort,
die Jesus ausgesprochen,
Da ihm durch Qual und blutgen Mord
sein Herz am Kreuz gebrochen.
Tu auf den Schrein
und schleuß sie ein
als edel Höhegaben,
So wirst du Freud
in schwerem Leid
und Trost am Kreuz haben.

2. Sein allererste Sorge war,
zu schützen, die ihn hassen,
Bat, daß sein GOtt der bösen Schar
wollt ihre Sünd erlassen.
Vergib, vergib,
sprach er aus Lieb,
o Vater, Ihnen allen!
Ihr keiner ist,
der säh und wüßt,
in was für Tat sie fallen.

3. Lehrt uns hiermit, wie schön es sei,
die lieben, die uns kränken,
Und Ihnen ohne ohne Heuchelei
all ihre Fehler schencken.
Er zeigt zugleich,
wie Gnadenreich
und fromm sei sein Gemüte,
Daß auch sein Feind,
ders böse meint,
bei ihm nichts find als Güte.

4. Drauf spricht er seine Mutter an,
die bei Johanne stunde,
Tröst‘t sie am Kreuz, so gut er kann,
mit seinem schwachen Munde:
Sieh hier dein Sohn!
Weib, der wird schon
mein Amt bei dir verwalten.
Und, Jünger, sieh,
hier stehet, die
du sollst als Mutter halten.

5. Ach, treues Herz, so sorgest du
für alle deine Frommen.
Du siehst und schauest fleißig zu,
wie sie in Trübsal kommen,
Trittst auch mit Rat
und treuer Tat
zu Ihnen auf die Seiten,
Du bringst sie fort,
gibst Ihnen Ort
und Raum bei guten Leuten.

6. Die dritte Red hast du getan
dem, der dich, HErr, gebeten:
Gedenk und nimm dich meiner an,
wenn du nun wirst eintreten
In deinen Thron
und Ehr und Kron
als Himmelsfürst auf setzen!

7. O süßes Wort, o Freudenstimm!
Was will uns nun erschrecken?
Laß gleich den Tod mit großen Grimm
hergehn aus allen Ecken;
Stürmt er gleich sehr,
was kann er mehr,
als Leib und Seele scheiden?
Indessen schwing
ich mich und spring
ins Paradies mit Freuden.

8. Nun wohl, der Schächer wird mit Freud
aus Christi Wort erfüllt,
Er aber selbst fängt an und schreit,
gleich als ein Leue brüllt:
Eli, mein Gott!
welch Angst und Not
muß ich, dein Kind, ausstehen!
Ich ruf, und du
schweigst still dazu,
läßt mich zu Grunde gehen.

9. Nimm dies zur Folge, frommes Kind,
wann GOtt sich grausam stellet,
Schau, daß du wenn sich Trübsal findt,
nicht werdest umgefället.
Halt steif und fest:
der dich jetzt lätzt,
wird dich gar bald erfreuen,
Sei du nur treu
und halt dabei
stark an mit gläubgem Schreien.

10. Der HErr fährt fort, ruft laut und hell
klagt, wie ihn heftig dürfte:
Mich dürftet, sprach der ewge Quell
und edel Lebensfürste.
Was meint er hier?
Er zeigt dir,
wie mutig er getragen
An deiner Last,
die du ihm hast
gemacht in Sündentagen.

11. Er deutet auch darneben an,
wie ihn so hoch verlange,
Daß dies sein sein Kreuz bei jedermann
Frucht bring und wohl verfange.
Das merk mit Fleiß,
wer sich im Schweiß
der Seelenangst muß quälen:
Das ewge Licht
Schleußt keinen nicht
vom Teil und Heil der Seelen.

12. Als nun des Todes finstre Nacht
begunnt hereinzudringen,
Sprach Gottes Sohn: Es ist vollbracht
das, was ich soll vollbringen.
Was hier und dar
die heilge Schar
der Väter und Propheten
Hat aufgesetzt,
wie man zuletzt
mich kreuzgen würd und töten.

13. Ists denn vollbracht, was willst du nun
dich so vergeblich plagen,
Als müßt ein Mensch mit seinem Tun
die Sündenschuld abtragen?
Es ist vollbracht!
Das nimm in Acht,
du darfst hier nichts zu geben,
Als daß du gläubst
und gläubig bleibst
in deinem ganzen Leben.

14. Nun endlich redt er noch einmal,
schreit auf ohn alle Maßen:
Mein Vater, nimm in dein Saal
das, was ich jetzt muß lassen:
Nimm meinen Geist,
der hier sich reißt
aus meinem halten Herzen!
Und hiermit wird
der große Hirt
entbunden aller Schmerzen.

15. O wollte GOtt, daß ich mein End
auch also möchte Enden
Und meinen Geist in Gottes Händ
und treuen Schoß hinsenden!
Ach laß, mein Hort,
dein letztes Wort
mein letztes Wort auch werden!
So werd ich schön
und selig gehn
zum Vater von der Erden.

Gerhardt, Paul – O Welt, sieh hier dein Leben

O Welt, sieh hier dein Leben
am Stamm des Kreuzes schweben,
dein Heil sinkt in den Tod.
Der große Fürst der Ehren
läßt willig sich beschweren
mit Schlägen, Hohn und großem Spott.

Tritt her und schau mit Fleiße,
sein Leib ist ganz mit Schweiße
des Blutes überfüllt;
aus seinem edlen Herzen
vor unerschöpften Schmerzen
ein Seufzer nach dem andern quillt.

Wer hat dich so geschlagen,
mein Heil, und dich mit plagen
so übel zugericht‘t?
Du bist ja nicht ein Sünder,
wie wir und unsre Kinder,
von Übeltaten weißt du nicht.

Ich, ich und meine Sünden,
die sich wie Körnlein finden
des Sandes an dem Meer,
die haben dir erreget
das Elend, das dich schläget,
und das betrübte Marterheer.

Ich bins, ich sollte büßen,
an Händen und an Füßen
gebunden in der Höll;
die Geißeln und die Banden
und was du ausgestanden,
das hat verdienet meine Seel.

Du nimmst auf deinen Rücken
die Lasten, die mich drücken
viel schwerer als ein Stein.
Du wirst ein Fluch, dagegen
Verehrst du mir den Segen;
Dein Schmerzen muss mein Labsal sein.

Du setzest dich zum Bürgen,
ja lässest dich erwürgen
für mich und meine Schuld;
mir lässest du dich krönen,
mit Dornen, die dich höhnen,
und leidest alles mit Geduld.

Du springst ins Todes Rachen,
mich frei und los zu machen
von solchem Ungeheur.
Mein Sterben nimmst du abe,
vergräbst es in dem Grabe,
O unerhörtes Liebesfeur!

Ich bin, mein Heil, verbunden
all Augenblick und Stunden
dir überhoch und hehr;
was Leib und Seel vermögen,
das will ich dankbar legen
allzeit an deinen Dienst und Ehr.

Nun, ich kann nicht viel geben
in diesem armen Leben,
eins aber will ich tun:
es soll dein Tod und Leiden,
bis Leib und Seele scheiden,
mir stets in meinem Herzen ruhn.

Ich wills vor Augen setzen,
mich stets daran ergötzen,
ich sei auch, wo ich sei.
Es soll mir sein ein Spiegel
der Unschuld und ein Siegel
der Lieb und unverfälschten Treu.

Wie heftig unsre Sünden
den frommen Gott entzünden,
wie Rach und Eifer gehen,
wie grausam seine Ruten,
wie zornig seine Fluten,
will ich aus diesem Leiden sehn.

Ich will daraus studieren,
wie ich mein Herz soll zieren
mit stillem, sanftem Mut,
und wie ich die soll lieben,
die mich doch sehr betrüben
mit Werken, so die Bosheit tut.

Wenn böse Zungen stechen,
mir Glimpf und Namen brechen,
so will ich zähmen mich;
das Unrecht will ich dulden,
dem Nächsten seine Schulden
verzeihen gern und williglich.

Ich will ans Kreuz mich schlagen
mit dir und dem absagen,
was meinem Fleisch gefällt;
was deine Augen hassen,
das will ich fliehn und lassen,
gefiel es auch der ganzen Welt.

Dein Seufzen und dein Stöhnen
und die viel tausend Tränen,
die dir geflossen zu,
die sollen mich am Ende
in deinen Schoß und Hände
begleiten zu der ewgen Ruh.

unbekannt – Christus der vns selig macht

Christus der vns selig macht
Kein bös hat begangen
Ward für vns zur Mitternacht
Als ein dieb gefangen
Gefürt vor Gotlose leuth/
Vnd felschlich verklaget/
Verlacht/ verhönt/ vnd verspewt/
Wie die Schrifft das saget.

IN der ersten tages stund/
ward Er vnbescheiden/
Als ein Mörder dar gestelt/
Pilato dem Heiden/
Der jhn vnschuldig befand/
Vnnd on sach des todes
Ihn derhalben von sich sandt
Zum König Herodes.

Vmb drei warde Gottes son
Mit geisseln geschmissen
Vnd sein haupt/ mit einer kron
Von dornen zerrissen
Gekleidet zu hohn vnd spott
Ward auch seer geschlagen
Vnd das Creutz zu seinem tod
Musst er selber tragen.

Vmb sechs ward er nackt vnd blos
an das creutz geschlagen
An dem er sein blut vergos
Bettet mit weetagen/
Die zuseher spotten sein
Auch die bei jm hiengen
Bis die Son auch jren schein
Entzog solchen dingen.

JEsus schrei zur Neunden stund
Klaget sich verlassen
Bald ward gall in seinem mund/
Mit essig gelassen
Da gab er auff seinen geist
Vnnd die Erd erbebet
Des Tempels vorhang zerreis
Mancher fels zerkleubet.

DA man hatt zur Vesper zeit
Die Schächer zerbrochen
Ward JESUS in seine seit
Mit eim speer gestochen
Daraus Blut vnd wasser ran
Die Schrifft zu erfüllen
Wie Johannes zeiget an
Nur vmb vnsert willen.

DA der tag sein ende nam
Der Abent war komen
Ward Jesus vons creutzes stam
Durch Joseph genommen
Herrlich nach Jüdischer art
In ein grab geleget
Alda mit hütern bewart
Wiei Mattheus zeuget.

Hilff Christe Gottes son
Durch dein bitter leiden
Das wir Dir steths vnderthon
All vntugent meiden
Deinen Tod/ vnd sein vrsach
Fruchtbarlich bedencken
Dafür/ wiewol arm vnd schwach
Dir danckopffer schencken.

Amen.

Friedhelm Traub – Das tatest du für mich

Jesus, du kamst für mich
in dieses Tränental
voll Sünde, Not und Qual;
inniglich preis‘ ich dich,
Jesus, du kamst für mich!

Jesus, du littst für mich!
Littest, was ich verdient,
hast meine Schuld gesühnt;
inniglich preis‘ ich dich,
Jesus, du littst für mich!

Jesus, du starbst für mich!
Starbest den bittern Tod,
der mir gerecht gedroht;
inniglich preis‘ ich dich,
Jesus, du starbst für mich!

Jesus, du lebst für mich!
Sorgst vor des Vaters Thron
für deinen armen Sohn;
inniglich preis‘ ich dich,
Jesus, du lebst für mich!

Reußner, Adam – Das Leiden vnnsers Herrn Jhesu Christi

Im Thon Maria zart.

O Mensch! beklag dein sünd all tag,
vnd fass es wol zu hertzen:
Für dich den todt gelitten hat
Gotts Sun mit großem schmertzen!
Vom Vatterlandt ward er gesandt
zu vnns auf diese erde,
von einer Junckfrawn werde
ward er geporn, das nit verlorn
wurd menschlichs gschlecht, herwider brecht,
was Adam hett verderbet.
wers nit bedenckt, sich nit drein senckt,
kain gnad von Got ererbet.

Vor seinem todt ist Christus spat
mit seinen Jüngern gsessen:
Das Osterlamb inns werck da kam,
zuvor Figürlich gessen.
Das süsse prot er gnommen hat,
gedancket vnd gebrochen,
darauf zu inen gsprochen:
Nemmt hin vnd esst! solchs wol ermesst:
mein leib ist das. Er namms trinckglaß,
dankt, vnnd hats ihnen geben:
Trinckt darauß all: in gleichem fall
trenckt euch mein Blut zum leben.

Mein leib vnd blut ich euch zu gut
wird geben vnd vergiessen,
Das wirdt ewr speiß, gaistlicher weiß:
im glauben werdt jrs niessen.
Dann yetzund wirt gschlagen der Hirt,
die Schaf zerstrewet alle:
jr werdt von mir abfallen.
ich wird vom todt als Herr vnd Got
wider aufston vnd euch vorgon
inns himlisch Vatterlande:
das sey ewr trost, jr werdt erloßt
durch mein Creütz, tod vnd schande.

Inn garten gieng der Herr, anfieng
das hail wider zu pringen,
Das Adam vor gentzlich verlor:
mit tod hüb an zu rinngen;
Blutschwaiß abfloß vor ängsten groß,
er haißt betten vnd wachen,
dann dhell mit jrem rachen
an vns sich richt. Auffs angesicht,
fiel nider Er: O mein Vatter,
nimm hin das bitter trancke!
doch das du willt, das werd erfüllt:
das fleisch ist schwach vnd krancke.

Das war wol schein ann Jüngern sein,
die fand er allzeit schlaffen.
Judas sich rüst zur selben frist,
mit grosser schar kam glauffen:
Sy hetten bschaid der Oberkait
gaistlichs vnd weltlichs Stannde,
mit waffen vnd mit bannde.
Jesus geet hin, entgegen jn:
das götlich Lamb zum schlachten kam.
sprach zum Juda: Gsell, was thust da?
O wie pöß Adams kinder!

Sie giengen hin vnd fiengen jn
wie ainen Dieb, gebunden.
Die Jünger all flohen zu mal.
Jesus sprach zu den stunden:
Ir kumbt daher, als ob ich wer
ain Mörder vnd Verräter,
der gröste vbelthäter!
so jr doch ghört, das ich hab glert
die warhait frey, ewr hail darbey
gesucht als der Hailande:
Ists der welt lon, das Gottes Son
für sein wolthat leidt schannde?

Die Juden dann den gfangen Mann
zum Hohen Priester brachten;
Dahin auch war der glerten schar
versamelt, vnnd betrachtten
wie sy jn möchten tödten,
vil vrsach suchen theten.
Fanden doch nicht, vnd hand erdicht:
er hat gelert, wir habens ghört,
den Tempel wöll zerstören,
annders gebew wöll machen new:
im seine wort verkören.

Der Bischof grim, der sprach zu jm:
willt vnnser Kirch vernichten?
Den Tempeldienst du vns verhönst,
willt newe Sect anrichten!
Das lamb das schwyg zu diser lüg:
zu Hot glitt kein entschulden,
die warhait tregt vnhulde.
Ich bschwör dich hoch! der bischof sprach,
drumb sag mir nun:bist du Gotts Sun,
der Christ, nach dem wir fragen?
Jesus bekannt: Wie du mich genannt!
das zeugen dwerck vor augen.

Der ich hie ston, dess menschen Son,
von eüch verdampt vnd gschmähet,
Wirdt kommen baldt in Götlich gwalt,
nach meim leiden erhöhet!
So sollichs wort der Bischoff hort,
hat er sein Klaid zerrissen
vnd sprach: Wir all yetzt wissen,
das der mensch hat gelestert Got,
verwirckt den todt! Das bstät der rath!
die vrtail sy bald schryen.
Sein schonens nicht: inns angesicht
schlugens jn vnd anspeyen.

Die falschen leüt zu diser zeit
vil falsche zeugknus dichten,
Zu morgens fru eyltens on ru
zum Kaiserlichen Richter:
Nymb hin, Pylat! der vor dir stat,
der ist ain newer Lerer,
den todt verschuldt, dess Kaisers huld
hat er verlorn: ain Küng geporn
nennt er sich vnuerborgen;
die vrtail fell: er ist ain gsell,
der am Creütz soll erworgen.

Pilatus sagt: Hör, was man klag
bist du der Juden König?
Jesus sagt frey, ain Küng er sey,
zur klag antwortt er wenig.
Pilatus pflag auf disen tag
ainn gfanngnen ledig zgeben:
Jesum wolt lassen leben;
da schry der Gwalt vnnds volck gar baldt:
Laß Barraban, den pösen man!
Jesus muß kurtzumb sterben!
ans Creütz jn henck, nit anders denck:
er soll kain huld erwerben!

Pilatus sprach, als er das sah:
ich kan kain schulde finden
An disem Man: was hat er than?
der neid thut euch verblenden!
Sy schryen ser, lennger ye mer:
amm Creutz soll werden gschlachtet
vnd sein Nam gar verachtet!
Pilatus spricht: OOb ich jn richt,
wäcsch ich mein hend, dschuld auff eüch wend:
er ist gerecht, on sünde!
Sy schryen all: Sein blut das fall
auf vnns vnd vnnsre kinder!

Pilatus war beredet gar:
Barraban ließ er lauffen;
Den Herren zart mit gaißlen hart
auf Römisch weiß ließ straffen.
Die vrtail fellt, das Christus söllt,
der Richter aller Erden,
anns Creütz gehencket werden.
das Kriegsvolck kam vnd jn annam,
im Richterhauß zoh es ihn auß,
mit gspött jm gab ain Kron vnd Stab,
mit glächter, schmach vnd schande.

Als nun Kriegsknecht jhn gnug geschmeht,
das klaid abzogen, wider
Anglegt sein Rock, des Creützes block
trucket den Herren nider.
Ann Galgenberg bracht jn der scherg;
der Herr fieng an zu sincken:
da gabens jm zu trincken,
ain bitters tranck. O pöser danck!
sein leibe ploß mit neglen groß
ans holtz ward außgestrecket!
O mensch, nu schaw! die Schlang hangt da,
die dich vom tod erwecket.

Sy hat nit bnügt, habend zugefügt,
zwen Mörder an sein seyten;
Gleich wie ain wurmb lidt er ain sturmb,
veracht von allen leuten.
Bist du der Tempelbrecher,
so bis yetzt selbs dein recher,
bist ud Gots Son? hilff dir davon!
hast annder ghailt vnd hilff mittailt;
es will dich Got nit haben!
Küng Israel, vom Creütz steig schnel,
so wöln wir an dich glauben!

Es ist der Wellt hie fürgestellt,
der vnns mit Got versünet.
Zwen vngerecht seind menschlichs gschlecht,
das ewig straff verdienet:
Der lincke tail verachtt Gotts hail,
der Püsser sein Sünd kennet,
Christum sein Hailand nennet,
spricht: Gedenck mein imm Reiche dein!
dein götlich krafft mach mich tailhafft
deins lebens durch dein sterben
Wer solchs nit sucht, der bleibt verflucht:
inn Sünden muß er sterben.

Die Finsternus war dick vnd groß,
das Liecht thet sich abkören.
Im flaisch gots wort hie leidet mordt,
sein stymm ließ er starck hören:
Alls volbracht hab! Sein gaist aufgab.
der Fürhanng ward zerrissen:
da wirdt gehailt das gwissen,
jm aufgethon dess Himmels Thron;
es hilfft sein todt vnns auß der not,
der recht Priester hat geben,
zum Opffer gstellt für dsünd der welt
sein leib vnd blut zum leben!

Himmel vnd Erd hand klar bewert,
das Got im flaisch gelitten:
Erdbidmen gschicht, manch felß zerbricht,
die greber sich erschütten,
Die fromme Schar, die gstorben war,
ist yetzt wider erstannden,
loß von der Hellen bannden,
vom tod gfürt auß in Gottes hauß;
er ist Gotts Son, wie der Hauptman
sampt seinem volck verjehen:
erschracken gschwind, dz dwelt so blind
Gots wunnder nit soll sehen.

Am Sabbath tag imm grab er lag;
da haufften sich die glerten
Dem Fürsten zu sprachen on ru:
wir dencken dess verkerten,
Das er er gsagt frey, nach tagen drey
wöll er erstan zum leben:
drumb sollt du Hütter geben,
das die letst gferd nit erger werd!
bestellt Kriegswacht, vnds grab vermacht:
Christus nit solt aufkommen:
das gschiht auch heut vnd alle zeyt,
dwelt hasset alle frommen.

O mensch! hab acht vnd wol betracht,
wer der sey, der gelitten,
Vnschuldigklich also für dich
inn bittern tod geschritten!
Solch hohe sach dir fruchtbar mach!
thus in deim hertz bedencken
vnd dich gentzlich drein sencken!
so wirdst erlößt, in Got getröst,
an leib vnd Seel all deinem fel
mit der Artzney magst püssen:
für sünd vnd schad schöpf hail vnd gnad,
im glauben magst dus gniessen!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Johann Scheffler – Die Seele, Christi heilge mich

1. Die Seele, Christi heilge mich,
Sein Geist versenke mich in sich,
Sein Leichnam, der für mich verwundt,
Der mach mir Lieb und Seel gesund.

2. Das Wasser, welches auf den Stoß
Des Speers aus seiner Seiten floss,
Das sei mein Bad, und all sein Blut
Erquicke mir Herz, Sinn und Mut.

3. Der Schweiß von seinem Angesicht
Laß mich nicht kommen ins Gericht,
Sein ganzes Leiden, Kreuz und Pein,
Das wolle meine Stärke sein.

4. O Jesu Christ, erhöre mich,
Nimm und verbirg mich ganz in dich,
Schließ mich in deine Wunden ein,
Daß ich vorm Feind kann sicher sein.

5. Ruf mir in meiner letzten Not,
Und setz mich neben dich, mein Gott,
Daß ich mit deinen Heilgen alln
Mög ewiglich dein Lob erschalln.

Quelle: Hymns of the 1912 Lutheran Hymnal for Church, School and Home Evangelical Lutheran Synod of Wisconsin and other States

J. J. Breithaupt – Jesus Christus, Gottes Lamm

1. Jesus Christus, Gottes Lamm,
Ist für unsre Schuld gestorben,
Hat bezahlt am Kreuzesstamm
Und die Freiheit uns erworben;
Wer die Sünde wohl bereuet,
Wird durch Christi Tod erfreuet.

2. Gott, der selbst die Liebe ist,
Preiset seiner Liebe Wunder,
Daß sein Sohn, der Herre Christ,
Starb für alle Feind und Sünder;
Sind wir durch dies Blut Gerechte,
Trifft der Zorn nicht mehr die Knechte.

3. Ja, so wir versöhnet sind,
Weil der Sohn sich hingegeben,
So wird das erstandne Kind
Noch vielmehr uns durch sein Leben
Selig machen, die er Brüder
Heißt und seines Leibes Glieder.

4. Aber nicht alleine dies,
Sondern weil wir sind im Sohne,
Welcher selbst den Schlangenbiss
Heilet, daß er in uns wohne,
Ei, so rühmen auch wir Sünder,
Daß wir nun sind Gottes Kinder.

5. Hochgelobet, sagen wir,
Vater in dem Himmel oben,
Siehe, wie die Sünd allhier
In uns will noch immer toben.
Wollest, Herr, den Geist uns geben,
Daß wir in dir ewig leben.

Quelle: Hymns of the 1912 Lutheran Hymnal for Church, School and Home Evangelical Lutheran Synod of Wisconsin and other States