Albert Zeller – Ich nahm von deiner toten Hand den Ring

Ich nahm von deiner toten Hand den Ring,
Den sie von mir am schönsten Tag empfing;
Wie hold sein Schein um all mein Leben floss,
Seit ich als Weib an meine Brust dich schloss!
So schlicht er ist von Ansehn und Gestalt,
So ruht in ihm doch zaubrische Gewalt;
Schau ich ihn an vertieft und unverwandt,
So glänzt er wieder an der warmen Hand,
Die ich so oft an meinen Mund gedrückt,
Die mir die Welt zum Hochzeitsaal geschmückt,
Den Kelch der Freude stets aufs Neu gefüllt,
Und selbst das Leid mit lichtem Schmuck verhüllt,
Mein pochend Herz zur Ruhe sanft bewegt
Und Segen auf der Kinder Haupt gelegt;
Vor der so manche Sorgenschar zerstob,
Wenn sie zu ihrem Gott sich betend hob.
Du Dienerin all ihrer Lieblichkeit,
Wie mahnst du mich an eine selge Zeit;
Das Herz ist mir von Wonn und Leid geschwellt,
Und auf den Ring die heiße Träne fällt.
Einst hat er dich fürs Leben mir gewählt,
Nun hat er mich dir auf den Tod vermählt,
Auf Tod und Leben gilts, und so aufs Neu
Werb ich um dich mit meiner ganzen Treu;
Und höher, reiner hebt sich meine Lust,
Des neuen Himmels selig sich bewusst;
Ich wahre fest das heilge Unterpfand
Und halt in Sturm und Nöten freudig Stand,
Bis mir die Hand im letzten Kampfe sinkt,
Und mir der Preis von dort entgegen winkt.