Zinzendorf, Nikolaus von – Liebe zu Jesu, dem Gekreuzigten.

Ein selig Herz führt diese Sprach‘:
Lieben, nur lieben ist meine Sach‘;
Meiner Seel‘ (Erretter im Geist umfangen,
Mit meiner Seel‘ an der Seinen hangen,
Das ist mein Teil!

Dass unser Heiland liebt, ist bekannt;
Er hat Sein Blut an die Welt gewandt;
Er liebt die Gemeine, Er liebt die Sünder,
Sonderlich liebt Er die kleinen Kinder;
Er liebt auch mich.

Er liebt so, wie man auf Erden liebt,
Wenn man sich Einem schon ganz ergibt,
Wenn man sich nichts Bess’res gedenkt zu finden,
Mag sich und will sich auch an Nichts binden,
Als nur an Das.

Dass Ihn was Sterbliches lieben mag,
Dies ist auch offenbar g’nug am Tag;
Lazarus, Johannes, Martha, Marie
Fanden dies selige Glück ohne Mühe;
Er liebte sie.

Also, geliebtester Schmerzensmann!
Wollst Du mich lieben wie Sankt Johann;
Wie die Magdalena will ich Dich küssen,
Und sehnlich warten zu Deinen Füßen
Auf Deinen Blick;

Weinen, wenn Du mir nicht immer bist,
Was eine Mutter dem Kindlein ist:
Merkt‘ ich um die Achseln nicht Dein Umarmen,
Fühlt‘ ich im Herzen nicht Dein Erbarmen,
Wär’s aus mit mir.

Verdenkt ihr mir’s, die ihr Helden seid,
Die ihr gewiegt seid im Glaubensstreit,
Und in seinen Proben? Ich will’s gestehen,
Dass ich mit euch nicht zugleich kann gehen;
Ich bin verwöhnt.

Tut ihr nur Taten und bindet euch
Kränze der Gnaden auf jenes Reich!
Ich will in so Hohes mein Herz nicht mengen,
Lasst mich nur immer und ewig hängen
An meinem HErrn!

Heiland! mein sündiges, armes Herz
Kennst Du durch manchen empfund’nen Schmerz;
Glauben, HErr, und Hoffen sind teure Gaben;
Aber das Lieben gehört zum Haben.
Dich hab‘ ich doch!

Und warum hab‘ ich Dich, Seelenmann?
Weil Du Dich gnädig nahmst meiner an;
Hätt’st Du Dich nicht selber an mich gehangen:
Ich wär‘ Dich nimmermehr suchen gangen;
Wer ist wie Du!