Schweiger, Rupert – Exulantenlied

In Gottes Namen tret‘ ich an
Den Weg und die Verfolgungsbahn,
Gott geht mit uns und steht uns bei,
Ob es auch finster um uns sei.

Um Gottes Wort war ich betrübt,
Das ich verborgen hab‘ geübt,
Dieß war mein Trost in Sorg und Leid,
In Trübsal und in Traurigkeit.

Mein Gott, ich folg‘ dir willig nach,
Durch Hohn und Spott, durch alle Schmach;
Denn wer da will dein Jünger sein,
Der muß nicht scheuen Schmach und Pein.

Ich nehm‘ den Stab in meine Hand,
Zeuch mit Jacob in fremde Land;
Bin ich schon arm und elend hier,
Bin ich, o Gott! doch reich bei dir.

Bloß um der reinen Glaubenslehr‘
Werd‘ ich verjagt, Gott sei die Ehr‘;
Dem Jünger soll’s nicht besser gehn,
Als selbst dem Meister ist geschehn.

O Gott, du bist mein Wanderstab,
So lang’ich leb‘, bis in mein Grab,
Du führst mich durch das Todesthal
Zu dir in schönen Himmelsaal.

Du trägest uns auf deiner Hand
Nach unserm rechten Vaterland,
Herr, wer dich hat, ist reich genug
Auf seinem Exulantenzug.

Das zeitlich Gut mag fahren hin,
Wann nur der Himmel mein Gewinn.
Wer Jesum hat, ist reich genug
Auf seinem Exulantenzug.

Kein Acker, Wiesen, Haus noch Geld,
Nimmt man mit sich von dieser Welt;
D’rum mögen sie zurücke stehn,
Weil wir als Pilgrim davon gehn.

Leb‘ wohl, du werthes Vaterland,
Dem ich den Rücken hab‘ gewandt;
Gott sei mit dir und auch mit mir,
Ich reis‘ in Gottes Schutz von dir.

Schaitberger, Joseph – Exulantenliede

I bin ein armer Exulant,
A so thu i mi schreiba,
Ma thuet mi aus dem Vaterland
Um Gottes Wort vertreiba.

Das waß i wol, Herr Jesu mein,
Es iß dir a so ganga,
Itzt will i dein Nachfolger sein,
Herr! mach nach dei’m Verlanga.

Ei Pilgram bin i halt nunmehr,
Muß rasa fremde Strosa.
Das bitt i di, mein Gott und Herr,
Du wirst mi nit verlosa.

Den Glauba hob i frei bekennt,
Des darf i mi nit schäma,
Wenn mo mi glei ein Kezer nennt,
Und thuet mir’s Leba nehma.

Ketha und Banda wor mi men Ehr,
Um Jesu willa z’dulta,
Un dieses macht die Glaubenslehr‘,
Und nit mein böß Verschulda.

Muß i glei in das Elend fort,
Will i mi do nit wehra,
So hoff i do, Gott wird mir dort
Och gute Fründ beschera.

Herr, wie du wilt, so gib mi drein,
Bei dir wil i verbleiba,
I wil mi gern dem Wille dein
G’dultig unterschreiba.

Müß i glei fort, in Gottes Nom‘!
Un wird mir alles genomma,
So was i wol, die Himmelkron‘
Wer i onmal bekomma.

So müß i heut von meinem Haus,
Die Kinderl müß i losa,
Mein Gott, es treibt mir Zährel aus,
Zu wandern fremde Strosa.

Mein Gott, führ mi in ene Stodt,
Wo i dein Wort kann hoba,
Darin will i di früh und spot
In meinem Herzl loba.

Sol i in diesem Jammerthol
Noch länger in Armuth leba,
So hoff i do, Gott wird mir dort
Ein bess’re Wohnung geba.

Salzburgerlied

Hier/ Jesu! geh ich in Gedancken
Auf disem stillen Feld allein/
Mein Geist schwebt frey aus seinen Schrancken/
Ich fühl mich aus mir selbst zu sein.
Ich leb und lebe doch nicht hier/
Mein Hertz ist immer nur bey Dir!

Es mag die Welt mir immer zeigen/
Was sie für hoch und schätzbar hält/
Doch läst sich mein Gemüth nicht neigen/
Weil ihm nichts Irrdisches gefällt.
Ich leb/ vnd lebe doch nicht hier/
Mein Herz ist immer nur bey Dir.

Was zeitlich ist/ erweckt nur Sorgen/
DerReichthum ist des Hertzens Strik/
Daran es langsam muß erworgen/
Und wehrt doch kaum ein Augenblick.
Ich leb/ vnd lebe doch nicht hier/
Mein Herz ist immer nur bey Dir.

Ob mich die Welt gleich drob verachtet/
Und mein Beginnen thöricht schilt/
Weil es nach ihrem Gut nicht trachtet/
So tröst ich mich mit deinem Bild;
Ich leb/ vnd lebe doch nicht hier/
Mein Herz ist immer nur bey Dir.

Ob in der stoltzen Welt Gedancken
Ich ein verachtes Lichtlein bin/
So will ich doch von dir nicht wancken/
Halt allen Schaden für Gewinn.
Ich leb/ vnd lebe doch nicht hier/
Mein Herz ist immer nur bey Dir.

Für Honig gibt die Welt mir Gallen/
Läßt ihren Stachel fühlen mich/
Weil Tag und Nacht mich überfallen
Empfindlich scharffe Weffzen-Stich.
Ich leb/ vnd lebe doch nicht hier/
Mein Herz ist immer nur bey Dir.

Mein Elend geht mit mir zu Bette/
Und steht deß Morgens mit mir auf/
Es plagt mich alles in die Wette/
Deß Jammers ist ein grosser Hauff.
Ich leb/ vnd lebe doch nicht hier/
Mein Herz ist immer nur bey Dir.

Ich höre nichts al Zanck und Pochen/
Man treibt und jagt mich hin und her/
Vor Kummer ist mein Hertz aussochen/
Es ist mir immer bang und schwer.
Ich leb/ vnd lebe doch nicht hier/
Mein Herz ist immer nur bey Dir.

Du fassest selber meine Thränen
In einen Sack/ du edlest sie;
Du kennest meines Hertzens Sehnen/
Wie ich mich kräncke spat und früh.
Ich leb/ vnd lebe doch nicht hier/
Mein Herz ist immer nur bey Dir.

Die gröste Plag ist/ die ich fühle/
Daß meine Sünden häuffen sich;
Ach JEsu! mein Gewissen kühle
Mit deinem Blut und Seiten-Stich.
Ich lebe leyder! sündlich hier/
Such aber wieder Trost bey Dir.

Ich trage ferner kein Verlangen/
O Welt! nach deiner schnöden Lust:
Ich hab der Thorheit satt begangen/
Schlag offt aus Reu an meine Brust.
Drum mag ich nimmer leben hier/
Und wünsch O JESU! mich zu Dir.

Ach/ könnt ich nur bald seelig sterben/
Wie frölich wolt ich fahren hin!
Nichts liebers könnt ich mir erwerben/
Der Tod ist einig mein Gewinn.
Laß mich nicht länger leiden hier/
Komm/ JEsu/ komm/ nimm mich zu Dir!

Wol-meynende Erinnerung an alle Evangelische Christen/ (welche noch niemahlen Verfolgung betroffen)/ im Glauben beständig zu seyn/ nach dem Exempel der Saltzburgischen Emigranten.
Anno 1732