Gottfried Arnold – Um die göttliche Natur.

Ach Vater, schenk‘ um Jesu willen
Uns deine Weisheit von dem Thron,
Und lass das Leben uns erfüllen
Durch deinen eingebornen Sohn!
Gedenk‘ an deine teuren Reden,
Da Du Ihn uns versprochen hast
Als Priester, König und Propheten,
Für alle Not und Sündenlast!

Du hast Ihn in die Welt gesendet
Mit Wundern, die der Glaube preist;
Sein Wert ist äußerlich vollendet,
Und er verkläret in dem Geist.
Wir glauben alles Tun und Leiden,
Wodurch er uns erworben hat,
Uns zu bereiten für die Freuden
Der ewig schönen Friedensstadt.

Doch eben darum sucht der Glaube
Im Geiste sie Erfüllungskraft,
Dass nichts die Lebensfrucht ihm raube,
Die erst uns volle Ruhe schafft.
Soll unser Herz den Heiland ehren,
So muss Er in uns selbst eingeh’n,
Und Sünde, Höll und Tod zerstören;
Dann ist die Rettung ganz gescheh’n.

Drum, Vater, fleh’n wir um dies Leben,
Das in dem Sohn der Liebe ist:
Du wollst uns Ihn als Weisheit geben,
Darin Du selbst verkläret bist,
Gerechtigkeit und heil‘ge Fülle
und ewige Erlösungskraft!
Denn dies ist Dein vollkommener Wille,
Der unsre Wiederbringung schafft.

Gib Ihn nach deinem neuen Bunde
Als ew’ges Leben, Licht und Wort,
Als Heil im tiefsten Seelengrunde,
Als Weg, als Wahrheit und als Hort!
Weh‘ uns mit seinem Geist und Odem
Lebendig und erquickend an,
Dass unsres Herzens dürrer Boden,
Ihm wieder lieblich grünen kann!

Ist Er nicht gestern, heut und eben
Derselbe auch in Ewigkeit?
Ja, wie Er einst war Abrams Leben,
So muss Er’s uns auch werden heut!
Jetzt ist die selige Zeit gekommen,
Gott, zu verklären deinen Sohn!
Die Klarheit, die Ihn aufgenommen,
Erleucht‘ uns auch auf Erden schon!

Sind wir verordnet, gleich zu werden
Dem Bilde seiner Herrlichkeit:
So sei sein Blut und Geist auf Erden
Auch zur Erneu‘rung uns bereit!
Hier schon wollst Du uns neu gebären,
Einprägen uns dein Gottesbild,
Die Sanftmut uns und Demut lehren,
Bis Christi Leben uns erfüllt.

Wir wenden uns zu seinen Wunden,
Daraus das Blut des Bundes floss,
Bis unser Fleisch den Tod gefunden,
Und unser Geist von Ketten los.
Wir opfern uns, mit Ihm zu sterben,
Mit Ihm gekreuziget zu sein,
Dass wir sein himmlisch Leben erben,
Und hier schon geben himmelein.

Dein Will‘, o Gott, sei unsre Speise!
Das Himmelsbrot werd‘ uns geschenkt
Nach Vatersinn und Kindesweise,
Bis keine Schuld uns weiter kränkt.
Eröffne uns den Born der Gnaden,
Das liebevolle Jesusherz!
Heil aus der Seele tiefsten Schaden,
Nimm weg den langen Sündenschmerz!

Komm selbst, o Sohn, im Geist erscheine,
Vollende dein erhab‘nes Werk!
Uns anzuheften Dir alleine,
Sei deiner Gnade Augenmerk!
Lass uns in deinem Herzen wohnen,
Und bleib‘ in uns als Sonne steh’n!
Und keiner Sünde wollst Du schonen,
Bis wir uns ganz erlöset seh’n!

Führ‘ durch das Blut des ew’gen Bundes
Die Seelen der Erlösten hin,
Und mit dem Odem Deines Mundes
Belebe Herzen, Mut und Sinn,
Dass wir mit Freuden Dir nachgeben,
Und bleiben von der Erd‘ erkauft!
Lass unser Herz im Himmel stehen,
Mit Feuer und mit Geist getauft!

Komm, heil’ger Geist, lass Dich hernieder
In unsern armen Herzensgrund!
Bring‘ uns zu Gottes Einfalt wieder,
Erfüll‘ in uns den neuen Bund;
Erweck der ersten Liebe Leben,
Hauch uns mit deinem Odem an,
Dass dein Geschöpf Dir Ehre geben
Und göttlich in Dir leben kann!

Dreiein’ger Gott, du Licht und Leben,
Das treu für uns bemühet ist:
Du wollst uns Dir, und Dich uns geben!
Ach zeige Dich uns, wie Du bist!
Vater, zeuch uns recht von Neuem!
O Wort, sprich uns Erlösung ein!
O Geist, lass uns dein Licht gedeihen!
Liebe, lass uns selig sein!