Tauler, Johannes – Von eyn bloß´entsincken inn der gotheit

GOtheit, du bist eyn tieff abgrunt,
allen geisten vnbekannt;
Die du in dich verschlundenn hast,
die steent inn freyer minnen bant.

Sonder bende gebunden vast
in das reiche wesen deyn,
Das haben sie in der warheytt rast,
vnd aussen dir ist kein seyn,

Ausser in allen ins aller hochste
da sol des geystes bleiben seyn,
Da wirt man von anderheit gefreiet
vnd geet in das wesen eyn.

I(n der warheit warheit bekennen,
das ewige lebenn sonder waen
Alsus ist die warheit genoch in allen
in jrs selbes lichtes klar.

In dem rechten klaren leychten
sol man wonen on grunt,
Da verliefen sie sich selber,
das verliefen ist eynn sunt.

Das ist allen den verborgen,
die sich halten noch in icht.
Alsus bekent man den hochsten orden,
des eyn gezich die warheitt gib.

Ordenunge onn alle weyse
mag mann sehen in ewigkeyt;
Die genomen seyn in das selbe,
die bekennenn vnderscheit,

Formen vnd beylden bloß,
da sich das beiltlose bildt
In seins selbst bilt grutz,
in dem ingosse vnd außgeflüsse,

Da seint die dinck mit vnderscheit
vnnd in einigkeit,
doch bleyben on alle vßgegangenheit

Ein in al vnd al in eyn
bekennen ist ein richer sunt,
Die dis inn der warheit seyn,
den ist rechte fruede kunt. Amen.

Wackernagel – Kirchenlied