Johann Baptist von Albertini – Welch ein Gruß

Welch ein Gruß!
Holde Jungfrau, welch ein Gruß!
Sieh, ein. Fürst von Gottes Scharen!
Lieblich eilt zu dir sein Fuß!
Nach viertausend dunkeln Jahren
Leuchtet nun der Welt ein Morgenstern
hell vom Herrn!

Fürchte nichts!
Sieh, es wird dich heiliglich
Kraft vom Höchsten überschatten:
Gottes Geist kommt über dich!
Denen, die im Todesschatten
Sitzen, glänzt von dir ein Sonnenstrahl
Allzumal.

Du gebierst
Den, der Jesus ist und heißt,
Der Sein Volk von Sünden rettet,
Der mit Feuer tauft und Geist,
Der des Abgrunds Heere kettet –
Ihn, den Heiligen vom ew’gen Thron,
Gottes Sohn.

Welch ein Gruß!
Menschenkinder, welch ein Gruß!
Nehmt ihn an mit Lieb‘ und Beugung,
Wie Maria! Herzgenuss,
Lob und Dank sei eure Neigung!
Menschheit, freue deines Heilands dich
Inniglich!

Johann Baptist von Albertini – Längst suchtest du, mein Geist! ein nahes Wesen

Längst suchtest du, mein Geist! ein nahes Wesen,
Ein blutverwandtes, in der Geisterwelt:
Längst war voraus die Wohnung ihm bestellt
In deinem Herzen – denn durch Ihn genesen,
Und nur durch Ihn, o Seele! konntest du:
Ihm brannte deiner Sehnsucht Flamme zu.

Reich war die Welt gefüllt mit Unsichtbaren,
Heroen, Göttern, Geistern groß
Und klein und licht und finster: doch warst du allein!
denn Einer, Einer fehlt in ihren Scharen –
Ein liebend Wesen, reich an Ehr‘ und Spott,
Mit Macht und Ohnmacht prangend, Mensch und Gott.

Da kam das Wort, um unter uns zu wohnen,
Ward Fleisch, und lebte in der Sichtbarkeit,
Und schlichtete den alten harten Streit
Der sünd’gen Erde mit den Himmelsthronen!
Noch, aufgehoben in die Herrlichkeit,
Wohnt’s unter uns bis jenseits aller Zeit.

Nun ist, mein Geist! befriedigt dein Verlangen:
Verblichen ist der Glanz der Geisterschar
Vor Ihm, dem Einen! Ihm, der ist und war
Und sein wird! Ihm, an dem die Herzen hangen!
Ein Gott-mit-dir bewohnt die Geisterwelt,
Und füllt und weiht sie dir zum Friedenszelt,

Du fliegst hinaus in ihre hehren Fernen,
Und kehrtest nicht, wie vormals, leer zurück:
Und weidest dich an Gottes Freundesblick,
Liegst stundenlang, um Lieb‘ Ihm abzulernen,
An Seiner Brust, und lernst Sein Wort verstehn:
„Kommt, liebt und glaubt euch selig ohne Sehn!“

Johann Baptist von Albertini – Wer fasst in seine Faust das Meer?

Wer fasst in seine Faust das Meer?
Wer misst es aus, der Himmel Heer,
Mit seiner Spanne Macht? wer hält
Die Waage fest, und wägt die Welt?
Ein Tropf am Eimer sind die Völker Ihm,
Die Inseln Staub, ein Scherz die Cherubim!

Zu klein ist Ihm zum Feuerherd
Der Libanon, und ohne Wert
Zum Opfer all sein Wild zugleich! –
Steigt auf’s Gebirge, rüstet euch,
Jerusalem und Zion, Rednerin,
du Herold Gottes! auf, und meldet Ihn!

Ruft hell den Städten Juda zu:
„Er kommt! erwacht aus träger Ruh!
Er kommt, und mit ihm Straf‘ und Lohn
Stark herrscht Sein Arm vom Königsthron!“
Sink in den Staub vor Ihm, untreue Braut!
Doch nein! erhebe dich und rühme laut!

„Trost meinem Volk!“ spricht Gott der Herr;
„Vergeben ist der Sünden Heer!
Ich weide meine Herd‘ als Hirt,
Der Lämmer Arzt, der Schafe Wirt:
So sprecht Jerusalem dann freundlich zu!
Nach schwerer Ritterschaft kommt süße Ruh.“

Bereite diesem Gott den Weg,
Mein Herz! mach richtig Seinen Steg!
O Abgrund der Barmherzigkeit!
Geheimnis der Gottseligkeit!
Mein Geist verstummt vor Dir und hüllt sich ein –
Mein Herz frohlockt in ew’gem Seligsein.

Johann Franck – Weihnachtslied.

In seiner eignen Weise.

Ihr Gestirn‘, ihr hohlen Lüfte,
Und du, lichtes Firmament;
Tiefes Rund, ihr dunkeln Klüfte,
Die der Wiederschall zertrennt:
Jauchzet fröhlich, lasst das Singen
Jetzt bis durch die Wolken dringen!

2. Aber du, o Mensch, vor allen
Hebe deine Stimm‘ empor,
Lass ein Freudenlied erschallen
Dort mit jenem Engelchor,
Das den Hirten auf der Weide
Heut verkündet große Freude.

3. Freude, Freud‘ in hohen Höhen,
Freude, Freud‘ im tiefen Tal!
Freud‘ und Wonne, wo wir gehen,
Freud‘ und Lachen ohne Zahl!
Freude, Freud‘ in unsern Toren:
Gott ist heut‘ ein Mensch geboren!

4. Bis willkommen, Heil der Erden,
Bis willkommen, Jesulein;
Dass wir möchten Herren werden,
Stellst du als ein Knecht dich ein.
Du verlässt die hohen Thronen
Und willst nun hier unten wohnen.

5. Bethlehem, uns wundert Alle,
Wie es immer zu mag gehn,
Dass in deinem kleinen Stalle
Kann der ganze Himmel stehn.
Hat denn nun der Sternen Menge
Raum in einer solchen Enge?

6. Den die Welt nicht kann umschließen,
Der die Winde hält im Zaum,
Der muss hier den Stau begrüßen
Und hat in der Krippen Raum;
Der dies ganze Rund erfüllet,
Liegt in Windeln eingehüllet.

7. Weil du denn die schlechten Hütten,
Jesu, nie verschmähet hast,
Ei, so lass dich doch erbitten,
Komm doch, komm, du edler Gast.
Vieh und nicht dich Herren, Herren
Soll man in den Stall versperren.

8. Komm, ich habe dir zur Wiegen
Schon ein Räumlein ausgesucht,
Drinnen sollst du sanfter liegen
Als in jener harten Bucht.
Komm, mein Herz das soll zum Besten,
So viel möglich, dich begästen.

9. Zwar ist solche Herzensstube
Wohl kein schöner Fürstensaal,
Sondern eine finstre Grube;
Doch sobald dein Gnadenstrahl
In demselben nur wird blinken,
Wird es voller Sonnen dünken.

Blaul, Georg Friedrich – Christbescheerung.

Mel. Herzlich thut mich verlangen.

Was soll ich dir denn bringen,
Du Kindlein Jesu Christ?
Dir, der von guten Dingen
Der reichste Geber ist.
Was hab‘ ich, dich zu ehren?
Ich bin so arm und bloß,
Und noch dazu beschweren
Mich Schulden übergroß.

Dich würdig zu verehren,
Wie fang‘ ich das doch an?
Sag‘ selbst, was ich bescheeren,
Was ich dir bringen kann.
Du willst nicht ird’sche Gaben,
Nicht Weihrauch oder Gold?
Mein Herz nur willst du haben,
Den Herzen bist du hold?

Du willst dies Herz erfüllen
Mit Freuden ohne Zahl?
Willst Thrän‘ und Seufzer stillen,
Willst lindern alle Qual?
Willst alle Schmerzen heilen,
Selbst meinen Sündenschmerz?
D Jesu, ohn‘ Verweilen
Nimm hin mein ganzes Herz!

Zur Krippe bin ich kommen
Beladen und gebückt,
Du hast mir abgenommen,
Was nieder mich gedrückt.
Nun geh‘ ich reich beladen,
Doch nicht gedrückt, beschwert,
Den Reichthum deiner Gnaden
Hast du mir, Herr, bescheert.

Blaul, Georg Friedrich – Weihnacht.

Mel. Es ist das Heil uns kommen her.

Sei mir gegrüßt, du heil’ge Nacht,
Geweiht vor allen Nächten,
Du, die der Welt das Heil gebracht,
Der Welt von Sündenknechten.
Sei mir gegrüßt, du Nacht des Herrn,
In dir geht auf mein schönster Stern,
Der Stern zu Gottes Rechten.

Was durch der sel’gen Engel Schaar
In frohem Jubeltone
Den Hirten einst verkündet war
Von Gottes Gnadenthrone,
Das hat auch mir die heil’ge Nacht.
Als Freudenbotschaft überbracht,
Die Botschaft von dem Sohne.

Nun ist es um mich hell und klar,
Der Sünde Nacht muss schwinden,
Der diese Nacht geboren war,
Hilft mir sie überwinden.
Nun auf; o Seele! auf zum Herrn!
Es leuchtet schon der Morgenstern,
Das Heil ist nun zu finden.

Du bist mein Stern, Herr Jesu Christ,
Das Licht auf meinen Wegen.
Dir trag‘ ich nun, so wie es ist,
Mein ganzes Herz entgegen.
Weih‘ du’s zu deinem Tempel ein,
Dein eigen soll es ewig sein,
Erfüll’s mit deinem Segen.

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – An Weihnachten.

Blut und Wunden,
Haben uns mit Gott verbunden;
Denn Er ehrte unser Blut.
Er ließ sich damit vermählen,
Und sich zu den Menschen zählen;
Das macht unsern Schaden gut.

Wer erzittert,
Daß er seinen Gott erbittert,
Springe jetzt voll Freuden her,
und erseh in dieser Wiegen
Gott als armen Menschen liegen:
Seine Hand ist nicht zu schwer!

Diese Hände
Segnen aller Erden Ende;
Diese sind dieselbe Statt,
Wo Er aller Menschen Seelen,
Die Ihn zum Erlöser wählen,
Treulich aufgezeichnet hat.

Diese Augen
Müssen zur Gesundheit taugen;
Wem die Sünde weh gethan,
Sehe auf zu dieser Schlangen (Joh. 3, 15.)
Und, von Glauben und Verlangen,
Ihre holden Augen an!

Diese Ohren
Lassen sich für uns durchbohren
An des Vaters Gnadenthür,
und der König der Geschlechte
Wird dadurch zu einem Knechte,
In dem irdischen Revier.

Diesem Munde,
Welcher sonst zu aller Stunde
Seinen Vater für uns bat,
Schmecket jetzt, nach Menschenweise
Eine gar geringe Speise,
Weil er Durst und Hunger hat.

Dieser Odem,
Welcher dermaleinst den Todten
Lebensgeister geben kann,
Scheinet jetzund kaum zu wehen,
Und soll noch dazu vergehen,
Beim Beschluß der Lebensbahn.

Diesen Füßen,
Die sich kaum zu regen wissen,
Muß des alten Drachen Wuth
Erst noch in die Fersen stechen,
Bis sie sich vollkommen rächen,
An dem Kopf der Schlangenbrut.

Diese Thränen,
Welche sich nach Labung sehnen,
Werden für der Menschen Schuld
Sich noch öftermals ergießen
Und gleich einem Blutstrom fließen
Von der ewigen Geduld.

Dieser Rücken
Wird sich zu dem Kreuze bücken,
Wann die Leidenszeit regiert,
Und der Ruthen Schläg‘ empfinden,
Welche unsre Bosheit binden
Und ein Mordkind führen wird.

Aus der Seiten
Werden in den letzten Zeiten
Blut- und Wasserströme gehn,
Uns zu waschen und zu heilen,
Uns Erquickung mitzutheilen,
Die wir so verlassen stehn.

Dieses Herze
Reget sich mit Müh und Schmerze;
Und wie leis es jetzo schlägt.
So durchdringend wird es brechen,
Und die armen Herzen rächen,
Die der Seelenfeind erlegt.

Neugebornes
Und von Ewigkeit erkor’nes
Auserwähltes Gnadenkind!
Höre, wie die Menschenkinder,
Die entblößten armen Sünder,
Über Dich erfreuet sind!

Sie umfangen
Voller Liebe Deine Wangen,
Ja, sie küssen Deinen Mund;
Dein noch unverständlichs Lallen
Muß den Seelen süße schallen,
Die der Schlange Zahn verwundt.

Sie erheben
Dein kaum angegang’nes Leben
Sie sind voller Glaubenslust:
Daß Du in den Gnadenzeiten
Ihnen solch ein Heil bereiten
Und ein Kindlein werden mußt.

Herzensknabe!
Aller Erden Gut und Habe
Ist nur Unflath gegen Dich!
Du kannst uns mit wenig Blicken
Millionenmal erquicken;
Wirf auch einen Blick auf mich!

Laß bei Zeiten
Alle andre Eitelkeiten
Mir aus den Gedanken gehn!
Will sich fremde Lust erregen
Und zur Sünde mich bewegen:
Laß mich auf Dein Kripplein sehn,

Wo Du, König,
Dem die Erde unterthänig,
Und der Himmel eigen ist.
So gar elend, und auf Wegen,
Die kein Mensch betreten mögen,
Bei uns eingekehret bist!

Holde Hände!
Nehmt mich auf am letzten Ende;
Denn ich werde nach euch sehn,
Wenn ich als ein Kind gen Himmel
Aus dem Jammer und Getümmel
Dieser Erden werde gehn!

(1720.)

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Anbetung zu Weihnachten.

Rath, Kraft und Held und Wunderbar!
Dein Nam‘ ist meiner Seele klar, (1. Joh. 2, 13.)
Die Du mit Deinem Blut erkauft
und mit der Liebesglut getauft.
Mein Bräutigam, an meiner Stirne brennt
Dein Nam‘ und Kreuz, seitdem mein Herz Dich kennt!

Wenn ich, mit allem meinem Fleiß,
Mir nimmermehr zu rathen weiß,
Und meine Ohnmacht, Unverstand
Und Schwachheit kräftiglich erkannt:
So bist ja Du der unerforschte Mann,
Der allen meinen Sachen rathen kann.

Fehlt mir’s an aller Lebenskraft,
Hat meine Rebe keinen Saft,
Und sinke ich vor Mattigkeit
Beinahe hin zu mancher Zeit:
So ist Dein kräftiges Gefühl in mir,
Das hält mir neue Heldenkräfte für.

Wenn ich im schweren Glaubenskampf
Durch manchen dicken Rauch und Dampf,
Durch manche Leib’s- und Geist’s-Gefahr
Mich dränge zu der Siegesschaar:
So bist Du’s, unbezwungner Wunderheld,
Der meinetwegen alle Feinde fällt.

Wenn sich mein Senfkorns-Glaube regt,
Und kindlich Dir zu Füßen legt,
So mag der Feinde Hohngeschrei
Ertönen: daß ich thöricht sei
Ich fürchte mich deswegen doch kein Haar:
Mein Glaub‘ ist Sieg, mein Ziel ist: Wunderbar!

Mein Alles! mehr als alle Welt,
Mein Freund der ewig Treue hält!
Mein weiß- und rother Bräutigam! (Hohel. 5, 10.)
Mein immerwährend Osterlamm!
Mein Leitstern! meine Liebe! meine Zier!
Sei ewiglich mein‘ Zuflucht, mein Panier!

Hast du mich in der Zeit gewollt,
Die räderschnell von dannen rollt,
So miß mir Selbst die Stunden ab,
Sei meiner Reise Wanderstab!
Sei meines Handelns Schöpfer! führe mich,
In Allem Dir zu wandeln würdiglich!

Soll ich viel Jahr im Joche fort,
So zeige mir den Ruheport
Von ferne zeige mir die Stadt,
Die Deine Hand bereitet hat,
Das güldne Seraphinen-Liebeslicht:
So schrecket mich die lange Reise nicht!

Und wenn ich meiner Brüder Zahl
Nach Deiner holden Gnadenwahl
In meinem Theil einst auch erfüllt,
Wenn’s endlich auch Belohnen gilt:
So weiß’st Du, daß mein Lohn, mein Licht und Ruh‘
Nur Du alleine werden sollst, nur Du!

Über Jes 9,6. (1721.)

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Weihnachtsgedanken

Das Weihnachtsfest,
Das Gott uns läßt
Auf’s Neue wohl und hoch vergnügt erleben,
Bringt Wonn‘ und Freud‘
Der Christenheit;
Drum laßt uns Gottes Wunderthat erheben!

Gott liebt die Welt,
Weil er sich stellt
Zum Bürgen dar in unsern großen Nöthen;
Gott ist uns hold,
Und hat das Gold
Der Unschuld selbst im Feuer lassen löthen.

Bedenkt den Tod,
Die große Noth.
Die Er um unsertwillen hat gelitten!
Ach, danket Ihm
Mit heller Stimm‘:
Er stillt den Zorn, und stellt sich in die Mitten!

Nachdem er nun,
Dies uns zu thun,
Sich keine Müh‘ und Arbeit lassen dauern,
Wer wollte denn
Nicht fest bestehn,
Wie Stahl und eisenfest erhöhte Mauern?

Erhebet Ihn
und euren Sinn!
Denn Seinen Ruhm kann Niemand gnugsam preisen;
So wird der HErr
Uns auch noch mehr,
Als er bisher verliehen hat, erweisen.

(1712.)

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Weihnachts-Harmonie.

Die wahre Gnadensonne
Geht auf zu unsrer Wonne,
Und macht ein Heer von Sündern
Zu frohen Lichteskindern.

Der Erst- und Eingeborne
Besuchet uns Verlorne,
Hat Seinen Schwur gehalten:
Drum laßt Ihn immer walten!

Der HErr ist in dem Orden
Der Sünder Mensch geworden,
Und gleich doch ohne Sünde
Dem schwächsten Erdenkinde.

Er wird ein Knecht auf Erden,
Daß ich ein Herr kann werden:
Den Wechsel gnug zu preisen,
Fehlt’s noch aus Singeweisen.

Seht nur auf dieses Kindlein
Im Kripplein, in den Windlein,
Das euch mit Seinem Blute
Verschaffet alles Gute.

Wenn ich’s im Geiste sehe
In Seiner Gotteshöhe:
So denk‘ ich, ich vergehe,
Bis ich den Menschen sehe.

Gott geht aus Seiner Kammer,
Die Welt aus ihrem Jammer;
Das Kindlein in der Krippe
Hat Honig auf der Lippe.

Er liegt in Seiner Krippen
Und ruft mit süßen Lippen:
Grämt euch nicht, lieben Brüder,
Ich bringe Alles wieder!

O Kind, o süßer Knabe,
Du, den ich lieber habe
In Seinen Kindsgeberden
Als alle Schätz‘ auf Erden;

Laß, Schönster, Dich erblicken,
Mein Herze zu erquicken,
Du seligs, kleines Kindlein,
In Deiner Kripp‘ und Windlein!

Ist das mein lieber Bruder,
Der an der Welten Ruder
Der Alt‘ ist alle Tage?
Ach, Er bejaht die Frage!

Wie soll man dich empfangen?
O aller Welt Verlangen!
Du kommst, die Welt zu segnen;
Wie soll man Dir begegnen?

Ach, sei willkomm’n hienieden,
Du edler Gast, den Müden!
Komm‘, sieh‘, wie’s ihnen gehet,
Du hast sie nie verschmähet!

Du Schöpfer aller Dinge,
Wie wirst Du so geringe!
Der Alles hält alleine,
Wie wirst Du doch so kleine!

Gib dich uns, Herzensknabe,
zu einer Christnachtsgabe!
Du kannst mit wenig Blicken
Millionenmal erquicken.

Ich will hier bei Dir stehen;
Du wirst mich nicht verschmähen,
Wenn ich zur Krippe gehe
Und um ein rein Herz flehe.

Ach, Dein Advent in Fleische,
Der halte Deine keusche,
Sonst sündige Gemeine
Von Stund‘ zu Stunde reine!

Wir lassen uns gefallen,
Die Zeiten durchzuwallen,
Da uns Dein menschlich Leben
Beispiel und Trost gegeben.

Wenn Christnacht und Dein Leiden,
Die Ursach‘ ew’ger Freuden,
Im neuen Lied erscheinen,
Dann wird man nicht mehr weinen.

Dann wird das Lamm, so theuer,
Mit seinem Strahlenfeuer,
Die Engel und die Thronen
Und wir beisammen wohnen!

(um 1752.)